Schlagwort: Armut

Klimaschutz = Naturschutz = Armutsbekämpfung

Und wieder liegt eine Murmeltierwoche hinter uns – mit der Wiederholung von Dingen, die wir schon oft gehört haben, die aber nicht oft genug gesagt werden können: Klimaschutz ist auch Armutsbekämpfung und Naturschutz. Die jüngsten Berichte des Weltklimarates haben auf diesen Zusammenhang hingewiesen, und diese Woche tun es auch Berichte des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung PIK und des WWF zusammen mit dem Roten Kreuz.

„Klimafolgen wie etwa Wetterextreme oder Folgen der Naturzerstörung erhöhen zum Beispiel die Risiken für die Landwirtschaft, also für die Einkommen der Bäuerinnen und Bauern, für die Lebensmittelpreise, und letztlich für die Ernährung und Gesundheit aller“, sagt Björn Sörgel vom PIK. Umgekehrt machen eine gesunde Artenvielfalt und eine nachhaltige Bewirtschaftung die Lebensräume resilienter gegen klimatische Veränderungen.

„Gezielte Maßnahmen zum Schutz der Natur können klimabedingte Katastrophen um über ein Viertel verringern. Das würde nicht nur unzählige Menschenleben retten, sondern gerade in den ärmsten Regionen der Welt Schäden in Milliardenhöhe verhindern”, wie auch WWF-Programmleiterin Hanna Simons betont.

So sieht das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung die UN-Nachhaltigkeitsziele untrennbar mit den Pariser Klimazielen verbunden sowie mit den 2010 beschlossenen Aichi-Biodiversitätszielen. In keinem der drei Bereiche ist die internationale Staatengemeinschaft auf Kurs, um die Ziele auch tatsächlich zu erreichen.

Wie schon öfter angemerkt, gilt: Je reicher eine Gesellschaft bzw. eine Personengruppe innerhalb einer Gemeinschaft, umso mehr Klimaschäden richtet sie an. Begüterte fliegen etwa weitaus mehr als Menschen mit wenig finanziellem Spielraum. Deshalb verlangt der Klimaschutz auch nach Umverteilung: Als wichtiges Mittel der Umverteilung nennt das PIK eine CO2-Emissionsabgabe. Sie könnte an jene gehen, die treibhausgassparsam leben.

Aber selbst eine Bepreisung von Kohlendioxid ist keine Generallösung: Während Indien laut PIK damit einen Großteil der Mittel aufbringen könnte, die für das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele (u.a. Abschaffung von Armut und Hunger oder das Bereitstellen von leistbarer und sauberer Energie) nötig sind, wird Afrika dafür Milliardenhilfen brauchen.

Und so meint auch PIK Direktor Ottmar Edenhofer: „Es ist halt leider nichts kostenlos. Entweder wir zahlen weiterhin für die Schäden an Klima und Natur, und damit letztendlich auch für menschliches Leid. Oder wir zahlen für die Lösungen.“

PIK-Policy Paper: “Joint implementation of the Sustainable Development Goals, climate change mitigation and biosphere protection: Policy options for tackling multiple crises simultaneously”

WWF-Report: “Working with Nature to Protect People: How Nature-based Solutions Reduce Climate Change and Weather-Related Disasters”

G7 verabschieden sich von Kohlestrom

Energiewende I

Die größten Industrienationen der Welt (u.a. Deutschland, Frankreich und die USA) wollen bis 2035 Strom weitgehend CO2-frei erzeugen. Damit verbunden ist ein Ausstieg aus Kohlekraftwerken. Darauf haben sich die G7 in Berlin geeinigt. Auch ineffiziente und klimaschädliche Subventionen für fossile Energien sollen bis 2025 auslaufen.

Ambitioniert sind die Ziele auch beim Methan, das als etwa 25mal so klimaschädlich gilt wie Kohlendioxid. Sein Ausstoß (er kommt vor allem aus der Tierhaltung) soll weltweit bis 2030 um 34% sinken.

Die G7 haben sich auch darauf geeinigt, ärmere Länder bei der Energiewende und den Folgen der Erderwärmung zu unterstützen. Die Gelder, die Entwicklungsländer für die Anpassung an den Klimawandel erhalten, sollen bis 2025 gegenüber 2019 mindestens verdoppelt werden.

Als nächsten Schritt wollen die G7 die G20 ins Boot holen. Die G20-Staatengruppe verursacht 80% der weltweiten Emissionen.

Quelle: APA

Noch mehr Photovoltaikförderung

Energiewende II

Die Förderung für Photovoltaik wird um 40 Millionen Euro aufgestockt. Das hat das Klimaschutzministerium diese Woche bekanntgegeben. Mit den 40 Millionen der ersten Förderrunde wurden 11.000 PV-Anlagen unterstützt. Für die zweite Förderrunde ab 21. Juni stehen nach der Erhöhung 60 Millionen Euro zur Verfügung.

https://www.orf.at/#/stories/3268993/

Photovoltaikförderungen-Österreich

Der schwierige Weg zu nachhaltigem Kerosin

Energiewende III

Der Anteil der Flugbranche am CO2-Ausstoß der EU wird auf rund 3,8 Prozent geschätzt. Als Hoffnungsträger für „grüneres“ Fliegen gelten Sustainable Aviation Fuels (SAFs). Sie können beispielsweise aus gebrauchtem Speiseöl und Altfetten hergestellt werden.

Bereits in drei Jahren sollen alle EU-Staaten zumindest 2% des Kerosins durch SAFs ersetzen. Größere Mengen des nachhaltigeren Flugbenzins sind allerdings auch noch nicht verfügbar. Und zudem ist es fünf- bis neunmal so teuer wie das (nicht-besteuerte) fossile Kerosin.

Zum Klimawandel trägt übrigens nicht nur der enorme CO2-Ausstoß der Flugzeuge bei, sondern auch die Bildung von Kondensstreifen. Sie führen zur Bildung von Wolken, die wiederum zur planetaren Aufheizung beitragen.

https://orf.at/stories/3266129/

Kurz gemeldet

Die Stadt Paris will in ihren 1.300 Kantinen künftig an zwei Tagen pro Woche ausschließlich vegetarische Mahlzeiten servieren. Darüber hinaus sieht der Ernährungsplan des Stadtrats bis 2027 nur mehr nachhaltige Gerichte in den Pariser Krippen, Schulen, Altersheimen und kommunalen Betrieben vor.

https://www.orf.at/#/stories/3268961/

Knappes Holz

Hörtipp

Bäume formen unsere Landschaft, Holz unsere Kultur – vom Bauen bis zum Heizen. Dabei ist Holz weitaus mehr als ein Rohstoff für Gebäude und Energie. Es ist eine wertvolle Faser, für die sich mittlerweile viele Industriezweige interessieren. Wald ist auch ein riesiger Kohlenstoffspeicher und Teil der grünen Lunge dieses Planeten – und vielleicht auch deshalb viel zu schade zum Verbrennen, dauert es doch Jahrzehnte, bis ein neuer Baum nachgewachsen ist. Gleichzeitig wird der Rohstoff immer knapper. Was Europa nicht selbst decken kann und importieren muss, holzt man andernorts ab. Ein RADIOKOLLEG über eine unterschätzte und rarer werdende nachwachsende Ressource.

Wirtschaft – oe1.ORF.at

Schnee adé

Vielleicht haben Sie die letzten Wochen zum Schifahren genutzt. Bedingt durch schulpflichtige Kinder bin ich in den Semesterferien in die Berge gefahren. Schifahren bedeutet einen erheblichen materiellen Aufwand – von der Ausrüstung über die Unterkunft bis hin zu den Liftkarten. Gleichwohl steht Österreich international für beschneite Berge und medaillenträchtige Spitzen-Schiläufer. Und vor allem: Schifahren macht Spaß. Auch weil die Bergkulissen trotz aller Unkenrufe über „künstliche“ Schipisten uns doch das Gefühl vermitteln, in der Natur und in der frischen Luft zu sein.

Das schätzen auch die Millionen Winter-TouristInnen, die Österreich in Vorpandemiezeiten mehr als 70 Millionen Nächtigungen brachten.

Das winterliche Szenario könnte sich bis Ende des Jahrhunderts aber fundamental ändern, wie eine Studie unter der Leitung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigt. Schon jetzt haben die Schneetage seit 1961 quer über alle Höhenlagen um 40 Tage abgenommen.

Machen wir ohne Klimaschutzmaßnahmen weiter, geht der Schnee bis 2100 drastisch zurück. In Lagen unter 400 Meter Seehöhe wird es dann nur mehr zwei Schneetage pro Jahr geben, in Höhen um 1000 Meter sind dreißig Schneetage zu erwarten (minus 75 Prozent), zwischen 1500 und 2500 Meter nimmt die Schneebedeckung um 25 Prozent ab.

Begrenzen wir die Erderwärmung auf das Pariser Ziel von plus 2 Grad bis Ende des Jahrhunderts, schneit es zwar ebenfalls seltener in Österreich, aber der Rückgang wäre weitaus weniger dramatisch: Die tiefen Lagen hätten dann immer noch acht Schneetage pro Jahr, in Höhen um 1000 Meter wären 60 Tage mit Schnee zu erwarten – und damit doppelt so viele wie ohne Klimaschutz. In den für den Wintersport zentralen Höhen ist bei Einhaltung des 2-Grad-Ziels mit 190 Schneetagen zu rechnen – und damit mit einer vergleichsweise kleinen Einbuße von 10 Prozent.

Um den vielen Zahlen etwas an ihrer verwirrenden Kraft zu nehmen, haben die AutorInnen der sog. FUsE-AT-Studie ihre Ergebnisse in eine interaktive Grafik gepackt. Damit lässt sich anschaulich nachvollziehen, wie sich der Schnee -abhängig von unserem Klimaengagement mehr oder weniger zurückzieht. Und wie damit auch die Brettln, mit denen viele von uns noch immer gerne in der frostigen Jahreszeit zu Tal gleiten, obsolet oder zu einem noch teureren Luxus-Accessoire werden.

Was nicht als Schnee auf den Bergen bleibt, rinnt ins Meer und lässt es steigen – dazu mehr am Beginn des Newsletters.

Übrigens ist der Kohlendioxidgehalt in der Luft in dieser Woche auf einen neuen Rekordwert gestiegen, auf 421ppm (parts per million) laut Wissenschaft der höchste Stand seit Millionen von Jahren.

30 Zentimeter Meeresspiegel-Anstieg

NASA-Prognose bis 2050

Zwischen 2006 und 2018 hob sich der Meeresspiegel um 3,7 Millimeter pro Jahr – und damit dreimal so schnell wie in den 35 Jahren zuvor. Bis 2050 könnte das Wasser an den US-Küsten um rund 30 Zentimeter steigen, wie Untersuchungen der NASA und der amerikanischen Umweltbehörde NOAA nahelegen. Zu den anwachsenden Wassermassen in den Meeren trägt nicht nur die Gletscherschmelze bei (derzeit sind rund 60 Prozent des Süßwassers allein im antarktischen Eisschild gespeichert). Das Wasser dehnt sich durch die steigenden Temperaturen zusätzlich aus.  

https://science.orf.at/stories/3211495/

Armutsbekämpfung

Nachhaltigkeitsziele sind nicht klimaschädlich

Immer wieder wird behauptet, die Bekämpfung von Armut würde zu einer Belastung des Klimas führen. Eine Studie unter österreichischer Beteiligung widerlegt diese Hypothese. Wenn eine Milliarde Menschen zusätzlich zumindest 1,7 Euro pro Tag verdient und damit die Armutsschwelle überschreitet, erhöhen sich die globalen Emissionen nur um 1,6 bis 2,1 Prozent. Das liegt nicht zuletzt an der großen Kluft zwischen den armen und reichen Ländern. Während in den USA pro Kopf derzeit rund 14,5 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ausgestoßen werden und in Österreich 7,5 Tonnen, sind es in Indien, Süd- und Südostasien um die 1,2 Tonnen und im südlichen Afrika gar nur 0,6 Tonnen.

Betrachtet man nur das reichste Prozent der Weltbevölkerung, liegt die Pro-Kopf-Emission bei 40 Tonnen. Der Emissionsanstieg durch mehr Wohlstand bei den Ärmsten würde deshalb das globale Treibhausgas-Budget kaum belasten.

https://science.orf.at/stories/3211457/

100.000 Quadratkilometer der Erde für Bergbau

Artenvielfalt

Der Bergbau bedeckt global mehr Fläche als Österreich. Das hat Victor Maus von der Wirtschaftsuniversität Wien anhand von Satellitenbildern herausgefunden. „Gebiete mit hohem Wert für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Klimastabilität sind am stärksten betroffen“, so Maus in einer Aussendung. Das betrifft immerhin 29 Prozent der weltweiten Bergbaugebiete. Viele der betroffenen Regionen sind darüber hinaus wertvolle Kohlenstoffspeicher. So habe sich der Bergbau in tropischen Regenwäldern seit der Jahrtausendwende sogar verdoppelt.

https://science.orf.at/stories/3211484/

Tipp:

Klimakrise anschaulich

Klimadashboard.at

Sich vorzustellen, was die Klimakrise mit unserer Gesellschaft macht, ist mitunter sehr schwierig. Deshalb haben drei junge Wissenschafter das Klimadashboard entwickelt. Es zeigt zum Beispiel, wie sich die CO2-Emissionen in Österreich seit 1850 entwickelt haben. So haben wir um 1910 herum bereits 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert – heute sind es rund 80 Millionen Tonnen pro Jahr.Johannes Stangl, Adrian Hiss und David Jablonski vereinen im Klimadashboard Daten aus verschiedensten Quellen und erlauben Vergleiche mit anderen Ländern.

Klimadashboard

Kurz gemeldet

Der Westen der USA erlebt die schlimmste Dürreperiode seit 500 Jahren. Die Wissenschaft macht die stetig steigenden Temperaturen dafür verantwortlich. https://oe1.orf.at/player/20220216/668959

Von der Straße auf die Schiene

Internationaler Güterverkehr ohne LKW

Hörtipp

Der Transport ist für 10% der klimarelevanten Emissionen verantwortlich, und die wiederum kommen zu 99% von der Straße, so Clemens Först von der ÖBB Rail Cargo Group. Deshalb sei die Klimawende ohne einen relevanten Beitrag des Transportsektors nicht möglich – weg von der dieselgetriebenen Straße, hin zur Schiene. Die ÖBB hat sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu sein, 10 Jahre früher als Österreich, 20 Jahre früher als die EU.

Der Transport-Trend ist allerdings gegenläufig. In Österreich stieg die Güter-Beförderung auf der Straße in den letzten 10 Jahren doppelt so stark wie auf der Schiene. Das liegt nicht zuletzt an der unfairen Kostenverteilung. Beim Straßen-Güterverkehr zahlt die Gesellschaft noch einmal die Hälfte drauf – hier werden Kosten also auf uns alle abgewälzt. Bei der Schiene sind diese externen Kosten hingegen vernachlässigbar. Es braucht daher mehr als einen allgemeinen Kulturwandel, um der Bahn zu gerechten Chancen zu verhelfen.

Wie man mehr Verkehr auf die Schiene bringen könnte, das hat das RADIOKOLLEG von Sabine Nikolay in dieser Woche dokumentiert.

http://oe1.orf.at/dossierklima