Schlagwort: Biodiversität

Erhaltet die Artenvielfalt

Wenn ich in neue Gegenden komme, knie ich mich irgendwann auf den Boden. Der Grund ist nicht ein blasphemisches Spiel mit der bekannten Papst-Geste. Ich schaue gerne nach, was da kreucht und fleucht. Krabbelt da kein Insekt mehr herum, weiß man sehr schnell, was es für die Artenvielfalt geschlagen hat.

Letzten Sommer in Andalusien: Im idyllischen Hinterland bei Ronda liege ich am Wasser und lege das Buch beiseite, um den Boden nach sichtbarem Leben abzusuchen. Das Grasland entpuppt sich als Todeszone. Bei einem Ausflug sind wir gefühlte 20 Kilometer nur durch Olivenhaine gefahren, die ganze Hügellandschaften bedecken, danach fast ebenso weit durch Getreidefelder. Die Monokulturen mit entsprechendem Pestizideinsatz haben auf Teufel-komm-raus die Mikrofauna beschädigt, um nicht zu sagen ruiniert. Dass das Wasser aus der Leitung selbst in den Bergen nicht mehr trinkbar ist, versteht sich von selbst.

Vor ein paar Tagen sitze ich mit einem Biologen an einem Tisch. „Die industrielle Landwirtschaft ist der größte Biodiversitätskiller“, sagt er resignierend und schüttelt den Kopf über die romantisierenden Bilder des Agrarlebens.

Man muss auch nicht nach Andalusien fahren, um den Biodiversitätsverlust mit eigenen Augen zu sehen. Es reicht, in Österreich die Haustür zu öffnen. Diese Woche hat ein Team von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern Beispiele aus unseren Lebensräumen präsentiert. 37% der 3.462 heimischen Farn- und Blütenpflanzen stehen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Von den 707 Wildbienenarten ist rund die Hälfte bedroht, 37 Arten sind bereits in den letzten Jahren ausgestorben. Die kleine, schwarze Sandbiene Andrena nasuta lebt von den Pollen der blaublühenden Ochsenzunge. Letztere geht in vielen Regionen zurück. Die Sandbiene findet deshalb kein Futter mehr und ist selbst vom Aussterben bedroht, wie Barbara Reichmann im Mittagsjournal dokumentierte.

Wo exzessiv gedüngt, gemäht und gespritzt wird, leidet die Artenvielfalt (und wie oftmals erwähnt, ist eine intakte Natur auch gegen die Folgen der Klimaerwärmung resistenter). Den höchsten Anteil an ausgestorbenen Arten haben deshalb die bewirtschafteten Äcker.

Auch an Gewässern schwindet die Vielfalt von Flora und Fauna, einerseits wegen Uferverbauungen, der Erwärmung der Flüsse, aber auch wegen Neophyten – das sind eingewanderte Arten. Letztere verursachen darüber hinaus Kosten, die jene von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben bei weitem übertreffen. Das hat eine Studie unter Mitarbeit von Franz Essl, dem Wissenschafter des Jahres, gezeigt.

Weiteren Druck erzeugt die chemische Verschmutzung. Sie stürzt die Lebewelt des Planeten zusammen mit der Klimaerwärmung und der schrumpfenden Artenvielfalt in eine „Dreifachkrise“, wie Wiener Ökologen ebenfalls diese Woche erklärten.

Die Forderung der Biologinnen und Biologen ist relativ eindeutig: Die EU-Vorschläge zur Pestizidreduktion müssten auch von Österreich unterstützt werden. Und es solle (finanzielle) Anreizsysteme für die Landwirtschaft geben, auf nachhaltige Produktionsmethoden umzusteigen.

Zugutekommen würde das allen, Menschen, Tieren und Pflanzen.

EU weitet Emissionshandelssystem aus

Große Mehrheit für Reform

Künftig werden auch Flugverkehr, Schifffahrt, Straßenverkehr und Gebäude in den Emissionshandel miteinbezogen. Bislang (seit 2005) zahlten nur Teile der Energiewirtschaft und die energieintensive Industrie für ihren Treibhausgas-Ausstoß. Da Endverbraucher beim Heizen und im Straßenverkehr mit deutlich höheren Kosten rechnen müssen, wird ein milliardenschwerer Klimasozialfonds eingerichtet, um Menschen mit niedrigen Einkommen zu entlasten. Ab 2026 sollen dafür europaweit 86,7 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Die Zahl der jährlich ausgegebenen Emissionszertifikate soll kontinuierlich reduziert werden, damit steigt gleichzeitig der Preis für den Treibhausgas-Ausstoß. 

Über einen CO2-Grenzausgleich sollen auch ausländische Emittenten zur Kasse gebeten werden, die ihre Waren in die EU einführen.

https://orf.at/stories/3313012/

Kurz gemeldet

2022 erlebte Europa den wärmsten jemals gemessenen Sommer. Die Temperaturen lagen rund 1,4 Grad über dem Mittel der Jahre 1991 – 2020, wie der Bericht „European State of the Climate“ zeigt. „Das Klima, das uns erwartet, wird sehr, sehr anders sein als das Klima, in dem wir aufgewachsen sind“, sagte dazu Copernicus-Direktor Carlo Buontempo.

https://science.orf.at/stories/3218847/

Der Stickstoffeintrag in die Ozeane hat sich seit 1970 fast verdoppelt. Er führt zu einer Überdüngung der Meere, verstärktem Algenwachstum und Sauerstoffnot, aber auch zu einer Übersauerung. Der Großteil des Stickstoffs kommt aus der Landwirtschaft. Rund 38% des Stickstoff-Düngereinsatzes sind unnötig und führen zu keiner Ertragssteigerung.

https://science.orf.at/stories/3218830/

Die Atmosphäre erwärmt sich viermal so stark wie im Zeitraum 1960-2000, berichten Grazer Klimaforscher. Der daraus entstehende Energieüberschuss im Erdsystem befeuert Wetter- und Klimaextreme.

https://science.orf.at/stories/3218795/

Service

Wer sich für Bildung in Sachen nachhaltiger Entwicklung engagiert, kann sein Projekt für die BNE-Auszeichnung 2023 einreichen. Das Forum Umweltbildung zeichnet damit im Rahmen des UNESCO-Programms „Aktionsrahmen Bildung 2030“ gemeinsam mit dem Bundesministerium für Klimaschutz Initiativen aus den Bereichen „Kooperieren“, „Mobilisieren“ und „Transformieren“ aus.

Schimmelndes Erbe

Hörtipp

Dass die Klimaerwärmung sogar unser kulturelles Erbe bedroht, dokumentieren diese Woche die DIMENSIONEN. Pilze, Flechten und andere Schädlinge vermehren sich durch die steigenden Temperaturen nicht nur im Wald besser als unter kühleren Bedingungen. Auch in Archiven und Bibliotheken gedeihen sie prächtig und greifen dort Schafs- und Rinderpergament ebenso an wie Papier. Die Speicher brauchen deshalb mehr Energie, weil intensiver getrocknet und gekühlt werden muss.

https://oe1.orf.at/programm/20230419#716258/Schimmelndes-Erbe

Klima steckt überall drin

Heute, am 3. März, ist Internationaler Tag des Artenschutzes. Eingeführt wurde er vor genau 50 Jahren anlässlich der Unterzeichnung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES. Wie diese Woche viele Wortmeldungen aus der Wissenschaft und von NGOs gezeigt haben, muss man Artenschutz, Biodiversität und Klima zusammen denken. Wie auch der Weltklimarat in seinen letzten Berichten betont hat, schlägt sich die Erderhitzung nicht zuletzt in der Artenvielfalt nieder, während uns intakte Naturräume vor vielen Klimafolgen schützen können.

Von Arno Aschauer, dem Teamleiter für Arten und Lebensräume beim WWF, habe ich diese Woche das Wort „Ökosystemleistungen“ gelernt und es später dann auch in der Broschüre Natur am Limit: Vielfalt des Lebens in Gefahr wieder gelesen: Es meint die Leistungen, die die Natur uns als Gesellschaft bietet, von der Wirtschaft bis hin zur Erholungsfunktion. Demnach haben fast 80% der untersuchten Ökosystemleistungen in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen.

Der Homo oeconomicus hat ja die Eigenschaft, das Leben sehr gern in Geld zu bemessen. Folgt man diesem Gedanken, so beträgt der Wert der Öko- und Natursystemleistungen auf dem Planeten jährlich zwischen 170 und 190 Billionen US-Dollar. Damit wäre die Natur die stärkste Volkswirtschaft der Welt, mit einem doppelt so hohen Bruttoinlandsprodukt wie alle Länder zusammengenommen. Diese Quantifizierung hat zweifellos einen hochabsurden Beigeschmack, aber wer Leben gern über den Kontostand bemisst, findet in diesen Zahlen genug Gründe, die Gratisleistungen der Natur zu erhalten.

Österreich bekleckert sich in Sachen Biodiversitäts- und Artenschutz ja nicht gerade mit Ruhm. In vielen europäischen Rankings liegt es entgegen dem gern kolportierten Image als Öko-Musterland weit hinten. Nur mehr rund 7 Prozent der Staatsfläche gelten als weitgehend frei von menschlichen Eingriffen. Viele Ziele im Artenschutz sind unverbindlich oder zwischen Bund und Ländern nicht koordiniert. Naturzerstörung wird sogar noch subventioniert. Das haben zuletzt Zahlen des WIFO gezeigt: Demnach fördert Österreich umweltschädliche Investitionen mit rund 6 Milliarden Euro pro Jahr.

Der Schutz der Arten und der Lebensräume ist ein Querschnittsthema, das in alle politische Bereiche Einzug halten muss: von der Raumplanung über die Finanz- und Verkehrspolitik oder die Energiewirtschaft bis hin zum Tourismus. Und zwar länger als nur einen Tag.

Ihr

Franz Zeller

PS Erwähnenswert wären auch der heutige Klimastreik oder die Klima-Klage, die Michaela Krömer im Namen von 12 Kindern kürzlich eingebracht hat. Aber über die heutige Protestaktion wird ohnehin aktuell intensiv berichtet, sodass wir mit dem Newsletter zu spät dran wären, und mit Klimaklagen werden wir uns in einer der nächsten Ausgaben des Ö1 Klima-Newsletters beschäftigen.

Wie sich der Klimawandel selbst verstärkt

Gefährliche Rückkopplungsschleifen

Schmilzt das Meereis, wird die Oberfläche dunkler und nimmt mehr Wärme auf. Dadurch schrumpft das verbleibende Meereis noch schneller. Dieser Rückkopplungsturbo ist eine der bekanntesten Feedback-Schleifen im Klimageschehen. Insgesamt 41 derartige Mechanismen hat ein Forschungsteam nun publiziert.

Es gibt auch Rückkopplungsschleifen, die dämpfend wirken. Bei einer Temperaturerhöhung nehmen Pflanzen zum Beispiel mehr CO2 auf und arbeiten damit dem Treibhauseffekt entgegen. Aber 27 der 41 aufgelisteten Phänomene wirken eindeutig destabilisierend auf das Klima. Dazu gehört etwa die massenhafte Ausbreitung von Schädlingen, die Bäume daran hindern, CO2 aufzunehmen.

Unklar ist, wann diese Rückkopplungen in eine ausweglose Spirale führen und das Klima unumkehrbar zum Kippen bringen.

Auf einer eigenen Seite präsentiert das Team der University of Oregon auch eine Reihe von Animationen, die zum Beispiel den Zusammenhang zwischen Waldbränden und dem Abschmelzen des Permafrosts verdeutlichen.

https://science.orf.at/stories/3217731/

Mehr Klimakompetenz im Gesundheitssektor gefordert

Offener Brief

Mit der Erderhitzung werden u.a. Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Probleme zunehmen. Der Klimawandel stellt also auch das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Aus diesem Grund fordern 30 Organisationen in einem offenen Brief an die zuständigen Ministerien, für mehr Klimakompetenz im Gesundheitssektor zu sorgen. Dazu gehört neben vielen weiteren Maßnahmen, mehr „community nurses“ für die Gemeindearbeit und „disaster nurses“ (Katastrophenkrankenschwestern und -pfleger) auszubilden.

https://science.orf.at/stories/3217904/

Geschichte des Mülls

Tipp

Müll aus allen Zeiten präsentiert momentan eine interessante Online-Ausstellung namens throwaway-history.eu. Das Naturhistorische Museum Wien beteiligt sich an der Aktion des Europäischen Hauses der Geschichte mit einer Dokumentation weggeworfener Waffen aus der Bronzezeit, die im niederösterreichischen Wöllersdorf gefunden wurden.

Statistiken über weggeworfene Lebensmittel findet man auf der Seite ebenso wie das Porträt einer italienischen Künstler:innengruppe, die aus Schrott Kunst macht.

Kurz gemeldet

Der heurige Winter war der sechstwärmste der 256jährigen Messgeschichte, wie Geosphere Austria meldet. In den Niederungen lag die Temperatur um 2,8 Grad über dem Mittel der Jahre 1961 – 1990, auf den Bergen um 2,3 Grad.

https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/news/sehr-milder-winter-1

Die Eisbedeckung in der Antarktis ist so gering wie nie zuvor. Mit einer Fläche von 2 Millionen km2 hat sie am 19. Februar ein Rekordminimum erreicht.

https://science.orf.at/stories/3217930/

Alles über Gas

Hörtipp 1

Ein Viertel der österreichischen Haushalte ist auf Gas angewiesen, die Industrie sowieso. Zuletzt waren die Preissteigerungen bei Gas einer der Haupttreiber der Inflation. Was natürlich zur Frage führt, woher wir in Zukunft unsere Energie nehmen, wenn Russland seine Lieferungen einstellt oder Gas einfach nicht mehr leistbar ist.

Mit Themen wie diesen beschäftigt sich die mehrteilige Serie „Alles über Gas“ im RADIOKOLLEG, das die Preisbildung an der Gasbörse ebenso beleuchtet wie die Versorgung mit LNG (Liquefied Natural Gas) oder die wirtschaftlichen und ökologischen Kosten von Fracking.

In der Woche vom 6.-9. März geht erfährt man im RADIOKOLLEG (Mo-Do, 9.05 Uhr) „Alles über Strom“.

Nachzuhören sind Sendungen wie diese im Ö1-Dossier „Nachhaltig leben“.

Wertvoller Müll

Hörtipp 2

Je nach Betrachtungsweise ist Müll entweder ein lästiges Überbleibsel oder eine Ressource. De facto gibt es viele Gründe, warum wir Abfälle und Reststoffe nicht achtlos wegwerfen, sondern getrennt sammeln sollen. Sie sind wertvolle Rohstoffe und können in den Produktionskreislauf zurückkehren. Was im Kunststoff-Abfall steckt oder wie Metalle, Papiere, Textilien und andere Stoffe aufbereitet werden, dokumentiert ein vierteiliges RADIOKOLLEG.

Wertvoller Müll – Rohstoffquelle der Zukunft – oe1.ORF.at

Erde unter Naturschutz

Einige Tage lang wirkte die COP15 in Kanada so belanglos wie ein 30jähriges Matura-Treffen. Am Montag dieser Woche einigten sich die 196 Staaten in Montreal dann doch auf eine Abschlusserklärung. Bis 2030 sollen mindestens 30% der Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden. Bislang sind es nur 17 Prozent des Landes und sieben Prozent der Meere.

Zu den 23 im Abschlussdokument vereinbarten Zielen zählt auch, umweltschädliche Subventionen jährlich um 500 Milliarden Dollar zu verringern und das Geld teilweise in Naturschutz zu stecken. Auch die Einführungsrate invasiver Arten sowie das Gesamtrisiko durch Pestizide und gefährliche Chemikalien sollen halbiert werden, wie das Science Media Center schreibt.

Die Montreal-Vereinbarung löst die Aichi-Ziele von 2010 ab. Von den damals in Nagoya vereinbarten 20 Biodiversitäts-Zielen wurde bis heute kein einziges vollständig erfüllt.

Der Wiener Ökologe Franz Essl bewertete die COP15 „vorsichtig positiv“. Bei der Umsetzung der Ziele werden aber vor allem die Länder des globalen Südens Hilfe – und das heißt auch finanzielle Unterstützung – brauchen. Denn gerade in diesen Ländern ist ein Großteil der Biodiversität konzentriert, so Essl. 20 Milliarden Dollar sollen die betroffenen Länder bis 2025 von den Industriestaaten jährlich erhalten. Die Summe liegt deutlich unter den Forderungen der Empfängerstaaten. 

Umweltschutzorganisationen beurteilten die Ergebnisse von Montreal sehr unterschiedlich. Greenpeace nannte das Abschlussdokument einen „faulen Kompromiss“. Der WWF bezeichnete die Abschlusserklärung als „lückenhaftes, aber in wesentlichen Punkten brauchbares Abkommen.“ Der Erfolg stehe und falle „mit dem politischen Willen, dieses Abkommen lückenlos umzusetzen sowie die nötige Finanzierung sicherzustellen“, so der WWF. Denn Sanktionsmechanismen für die Nicht-Umsetzung gibt es keine.

Österreich hat gerade erst seine nationale Biodiversitätsstrategie beschlossen. Dazu gehört etwa, 35 Prozent der Landwirtschaft bis 2030 biologisch zu betreiben und die Rote Liste der gefährdeten Arten um ein Drittel zu reduzieren. Auch das Montreal-Ziel, 30 Prozent der Landfläche unter Schutz zu stellen, ist darin enthalten.

Wie der Weltklimarat IPCC bereits mehrmals in seinen Berichten betont hat, sind Klima- und Artenschutz eng aneinander gebunden. Eine intakte Natur schützt uns auch vor einigen unangenehmen Folgen der Erderhitzung.

Allein die Renaturierung und der Schutz von Wäldern, Mooren oder Mangroven an den Küsten könnten ein Drittel der Treibhausgasreduktion bringen, die wir brauchen, um die Erderwärmung auf zumindest zwei Grad zu begrenzen.

Zumindest eines scheint nicht umstritten: dass wir von einem ökologisch möglichst intakten Planeten alle profitieren.

In diesem Sinne verabschiede ich mich für heuer und wünsche Ihnen mit diesem Newsletter, dem bereits 69.ten, eine schöne Weihnachtszeit und alles Gute für 2023.

https://orf.at/stories/3298302/

https://science.orf.at/stories/3216671/

Österreich investiert Milliarden klimaschädlich

WIFO-Bericht

4 bis 5,7 Milliarden Euro pro Jahr gibt Österreich für klimaschädliche Förderungen aus. Das hat das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO für die Regierung erhoben. Der allergrößte Teil, rund 61 Prozent, fließt in den Verkehr. Dazu gehören etwa das Dieselprivileg oder die Pendlerpauschale bis hin zu Steuerbefreiungen für Mietwagen oder Taxis.

38 Prozent oder 1,6 Milliarden gehen in Steuerbefreiungen von fossilen Energieträgern für Energieerzeuger, mit rund 28 Millionen werden klimaschädliche Aktivitäten in der Landwirtschaft gefördert.

Schon 2016 lag die Summe bei 4,7 Milliarden Euro, seitdem habe sich wenig geändert, so Kritiker der klima-kontrapoduktiven Förderungen.

https://orf.at/stories/3298566/

Erderhitzung verändert See-Eis

Warme Winter

Auch wenn wir im Dezember Temperaturen unter Null hatten: Die relativ hohen Temperaturen lassen ein anderes Eis entstehen als starke Kälte. Friert ein See bei extremen Minusgraden, entsteht schwarzes Eis. Es ist spiegelglatt, durchsichtig und sehr stabil. Bei höheren Temperaturen gefriert das Wasser zu weißem Eis. Es ist matt und brüchiger. So soll schwarzes Eis zehnmal tragfähiger sein als weißes.

Forscher:innen der schwedischen Universität Uppsala haben im Winter 2021 auf 31 Seen in verschiedenen Ländern das Eis analysiert und festgestellt, dass sich immer mehr weißes Eis bildet. So starben im Februar 2021 zehn Menschen, weil sie auf schwedischen Seen einbrachen – so viel wie nie zuvor.

Am niederösterreichischen Lunzer See gab es zwischen 1905 und 1915 durchschnittlich 100 Eistage pro Winter, in den letzten zehn Jahren waren es im Schnitt nur mehr 35 Eistage.

https://science.orf.at/stories/3216550/

Tipp

Zu Weihnachten fallen zehn Prozent mehr Abfall an als während des Jahres. Das hat die Wiener MA48 im Jahr 2019 erhoben. Nicht nur die Papier- und Kartonabfälle werden mehr, auch die Lebensmittelabfälle steigen während der Feiertage dramatisch an. Wie man sie vermeiden oder reduzieren kann, dazu hat die Wiener BOKU Tipps zusammengestellt.

Tschechien in der Mobilitäts-Revolution

Hörtipp

Tschechien gehört mit der Slowakei zu den größten Autoherstellern Europas, gemessen an der Einwohnerzahl. Davon zeugen nicht nur die vielen Autozüge, die täglich über die Westbahnstrecke Richtung Deutschland rollen. Tschechien konzentriert sich nach wie vor auf die Herstellung von Verbrennungsmotoren und droht damit den Anschluss an die Elektromobilität zu verlieren. Es gibt zwar erste Anzeichen für eine Änderung dieser Produktions-Philosophie, die Hürden dazu scheinen aber auch von politischer Seite nicht unerheblich, wie das JOURNAL PANORAMA diese Woche dokumentiert.

https://oe1.orf.at/player/20221220/702334

Hitze und Schatten

Manchmal gebiert die Verzweiflung wahrlich monströse Ideen. Eine möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Bekanntermaßen erwärmen sich die Polarregionen weitaus schneller als der Rest der Erde. Die Antarktis war heuer im März um 35 Grad wärmer als sonst üblich, auch wenn minus 18 Grad noch lange nicht beschaulich klingen. Ein Team hat deshalb überlegt, wie man diese Erwärmung samt dem Abschmelzen riesiger Eismassen wie der Westantarktis oder Grönlands stoppen könnte. Das Ergebnis: Man versprüht jenseits der 60. Breitengrade Schwefeldioxid in 13km Höhe. Nach einer chemischen Umwandlung wirkt dieses Geoengineering wie ein riesiger Sonnenschirm. Dazu sind allerdings 175.000 Flüge jährlich nötig, mit Flugzeugen, die noch nicht existieren. Die großen Flieger würden dann halbjährlich zwischen den Polregionen wechseln. 125 Stück der neuen Tankflugzeuge müsste man für das Projekt bauen.

Die Idee ist auch nach Meinung seiner Erfinder:innen sehr hypothetisch und ein absolutes Notfallprojekt für die Schublade, so heise. Es dokumentiert aber auch eine zunehmende Fassungslosigkeit über die Tatsache, dass zu wenig unternommen wird, um die Erhitzung des Planeten zu stoppen.

Viele wähnen die planetare Fieberkurve noch in der Zukunft. Florida spürt sie hingegen schon unmittelbar in der Geldtasche. Dort hat der Hurrikan „Ian“ enorme Verwüstungen angerichtet. Und die Erderhitzung spielt auch hier mit: sie erhöht die Wahrscheinlichkeit derartiger Sturmereignisse. Die Schäden durch „Ian“ werden auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. Wie orf.at schreibt, ziehen sich viele Versicherer aus Hochrisikoregionen wie dem Süden Floridas zurück und wollen Liegenschaften dort nicht mehr versichern. Gleichzeitig wurden bereits 400.000 Versicherungsnehmern gekündigt, die kaum eine Chance haben, Ersatz zu finden.

Auch wenn einige der Probleme ihre Ursachen außerhalb der Klimakrise haben, zeigt sich doch, wie schnell die Folgen der steigenden Temperaturen an uns heranrücken. Oder, wie es der Meteorologe Andreas Jäger ausdrückt: „Die Klimakrise steht nicht vor der Haustür, sie sitzt schon mitten in unserem Wohnzimmer.“

Milliardenprogramm für klimafreundliche Industrie

Klimaschutz

Mit 5,7 Milliarden Euro wird Österreich Industriebetriebe bei der Umstellung auf eine energieneutrale und klimafreundliche Produktion unterstützten. Das haben Vizekanzler Werner Kogler, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler diese Woche zugesichert. Die Gelder fließen bis 2030. Der Großteil dient zur Transformation der Industrie, ein Teil unterstützt aber auch Energieeffizienz- und Umweltmaßnahmen.

Klimaförderprogramm: 5,7 Milliarden Euro für die Industrie | Ö1 Mittagsjournal, 11.10. | Ö1 | ORF-Radiothek

Hitzewellen werden einige Gebiete der Erde unbewohnbar machen

Klimakrise

Wenn der Klimawandel so weiter geht wie bisher, werden die Sahelzone, Regionen rund um das Horn von Afrika und Teile Süd- und Südwestasiens unbewohnbar werden, weil sie „die physikalischen und sozialen Grenzen des Menschen überschreiten“. Davor warnten UNO und Rotes Kreuz diese Woche in Genf.

Die Wissenschaft prognostiziert, dass die Zahl der Toten durch extreme Hitze bis Ende des Jahrhunderts ebenso so hoch sein werde wie die der Krebstoten.

Hitzewellen werden ganze Regionen unbewohnbar machen – news.ORF.at

Extreme Dürre alle 20 Jahre

Europa

Die Hitze verschont auch Europa nicht. In West- und Mitteleuropa sind Dürren wie jene im heurigen Sommer drei bis viermal wahrscheinlicher geworden. Nach Daten der Initiative World Weather Attribution muss Europa zum jetzigen Stand der Erderhitzung alle 20 Jahre mit einer derartigen Trockenheit rechnen. Da aber kein Stopp des Temperaturanstiegs in Sicht ist, werden Dürren noch weitaus häufiger werden.

https://science.orf.at/stories/3215463/

Bebauung und Versiegelung haben großen Einfluss auf Stadttemperaturen

Landnutzung

Wandelt man Acker- in Industriefläche um, führt dies zu einem durchschnittlichen Anstieg von 12 Sommertagen, also Tagen mit einer Temperatur über 25 Grad. Diese Daten liefert das Projekt Lucretia der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ZAMG. Dahinter steckt die einfache Gleichung, dass dicht bebaute Bereiche wärmer sind, kühle Stadtteile hingegen viel Wasser- und Grünflächen besitzen. Insofern wäre die Hitzebelastung in der Stadt durch Planung gut steuerbar. „Grob gesagt können massive Änderungen der Bebauung die Zahl der Sommertage um ungefähr 20 bis 80 Prozent erhöhen oder senken,“ so die Stadtklima-Expertin Maja Zuvela-Aloise.

https://science.orf.at/stories/3215503/

Wildtierbestände sinken drastisch

Artensterben

Bei mehr als 31.000 wildlebenden Wildtierpopulationen sind die Bestände im Zeitraum von 50 Jahren im Schnitt um 69 Prozent gesunken. Das zeigt der Living Planet Report 2022 auf. Die Autor:innen haben dafür 5.200 Wildtierarten – von Säugetieren über Fische bis zu Reptilien – ausgewertet.

Wie auch der jüngste IPCC-Bericht betont hat, schützt ein gesundes Ökosystem auch vor vielen Folgen des Klimawandels. Umgekehrt heizt der Verlust an biologischer Vielfalt die Klimakrise noch an.

https://science.orf.at/stories/3215535/

Kurz gemeldet

Vom Aussterben bedroht sind auch die Schwebfliegen. Etwa ein Drittel der 890 Arten gilt als sehr gefährdet.  Schwebfliegen sind sowohl als Bestäuber sehr wichtig, sie kontrollieren aber auch landwirtschaftliche Schädlinge wie Blattläuse.

Bestäuber: Schwebfliegen vom Aussterben bedroht – science.ORF.at

Tipp:

Am 15. Oktober ist „International Repair Day“. In Österreich gibt es etwa 150 Reparaturinitiativen, die sich dem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen verschrieben haben. Oft ist bei Geräten wie Kaffeemaschinen oder Haartrocknern nur ein einfacher und billiger Bauteil zu ersetzen, um sie wieder funktionstüchtig zu machen. Das passiert etwa in Repair Cafés quer durch das Land. Viele Initiativen suchen noch freiwillige Helfer:innen.

Reparatur-Cafés und Initiativen – Repanet

Wenn der Asphalt kocht

Mittlerweile ist es so gut wie offiziell, dass die Vorhersagen der Klimaforscher:innen nicht richtig waren – aber nicht so, wie wir uns das vielleicht wünschen würden. So gut wie jeder IPCC-Bericht hat unterschätzt, mit welcher Geschwindigkeit sich die Erde erhitzt. Wie in diesem Newsletter schon erwähnt, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent, dass wir die 1,5-Grad-Schwelle der globalen Durchschnittstemperatur schon bis 2026 überschreiten werden, und nicht erst bis 2040. Vor sieben Jahren war dies noch undenkbar, auch in großen Teilen der Wissenschaftsgemeinde.

Umso paradoxer wirkt es, dass sich in dieser Woche quer durch Europa ein Teil der großen CO2-Schleudern, namentlich der Transportsektor, selbst lahmlegte: Da konnten plötzlich Flugzeuge auf dem Londoner Luton-Airport nicht mehr landen, weil in der englischen Hitzewelle mit rund 40 Grad die Oberfläche des Runways schmolz.

In Norditalien wiederum führten Waldbrände in Folge der Dürre zur Sperre von Autobahnen. Und in den Niederlanden musste man Straßen und Brücken mit Streusalz und Wasser kühlen, damit sie nicht wegfließen.

Dürren werden in Zukunft zum europäischen Wettergeschehen gehören. Rund die Hälfte des Kontinents leidet schon derzeit an Trockenheit. Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich, Italien oder Rumänien müssen mit Ernterückgängen rechnen.

Umso irritierender ist ein Video, das diese Woche dank @leseerlaubnis in meinen Twitter-Feed gespült wurde: Es zeigt den deutschen Journalisten Hoimar von Ditfurt, wie er bereits 1978 auf Basis der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre die Erderhitzung erklärt und bis 2050 mit 2 – 3 Grad mehr rechnet. Recht viel haben wir bisher nicht getan, um diese Prognose kraft Dekarbonisierung zu widerlegen.

Wenn Sie also eine Minute zwanzig Zeit haben, dann schauen Sie sich das an.

Ihr

Franz Zeller

https://orf.at/stories/3276942/

Dürre heizt Energiekrise an

Weniger Strom

In vielen Teilen Europas sind seit dem Winter die Niederschläge ausgeblieben. Das macht auch den Wasserkraftwerken zu schaffen. In Portugal liefern sie um zwei Drittel weniger Energie als sonst üblich. Zum Ausgleich wurde mehr Erdgas in Gaskraftwerken verheizt. Ähnlich ist die Situation in Spanien und in Italien: Dort ging die Energiegewinnung aus Wasserkraft bis Ende Juni um die Hälfte zurück. In Frankreich wiederum fehlt Kühlwasser für Atomkraftwerke. Einige AKWs dürfen nun Wasser über Ausnahmegenehmigungen wärmer als sonst üblich in die Flüsse einleiten und gefährden damit das ökologische Gleichgewicht von Flora und Fauna.

Fehlender Strom: Hitze und Dürre befeuern Energiekrise – news.ORF.at

Mediterrane Bäume für die Alpen

Ökologie

Ungarische Eichen und italienische Tannen könnten in Zukunft die Fichte und andere heimische Baumarten ablösen. Die Kiefer etwa kommt mit den zunehmenden Trockenheitsphasen schlecht zurecht. Deshalb erprobt das Bundesforschungszentrum für Wald neue hitzeresistente Baumarten, u.a. aus dem Mittelmeerraum.

https://noe.orf.at/stories/3165230/

Erhitzung raubt Erdbeeren den Duft

Insekten und Ökologie

Bei einer durchschnittlichen Temperatursteigerung von 5 Grad verlieren Erdbeeren ihren Duft. Damit werden sie auch von Insekten nicht mehr gefunden und bestäubt. Das hat der brasilianische Insektenforscher Guaraci Duran Cordeiro in Kooperation mit dem Salzburger Pflanzenökologen Stefan Dötterl herausgefunden. Sie untersuchten, wie Buchweizen, Raps und Erdbeere auf Westliche Honigbiene, Dunkle Erdhummel und Rote Mauerbiene wirken, wenn die Temperaturen steigen. Am besten vertrug der Raps die Erwärmung.

https://science.orf.at/stories/3214152/

Antarktische Biomasse in Gefahr

Biodiversität

Die Erwärmung setzt auch dem antarktischen Bakterium Pseudoalteormonas haloplanktis zu. Es verträgt zwar Temperaturen zwischen minus 2,5 und 29 Grad, zeigt aber schon bei 20 Grad Zeichen von Hitzestress. Insgesamt kann es seine Überlebensgrenze nur um 1 Grad nach oben verschieben, ab 30 Grad ist Schluss.

Kälteangepasste Bakterien wie P. haloplanktis machen den größten Teil der Biomasse auf der Erde aus und stehen in der Nahrungskette ganz unten. Sterben sie aus oder reduziert sich ihr Bestand stark, leiden auch Säugetiere wie die Wale dramatisch.

https://science.orf.at/stories/3214131/

Earth Overshoot Day

Tipp

Am 28. Juli haben wir jene Ressourcen verbraucht, die der Planet in einem Jahr hergibt. Danach leben wir sozusagen auf Schulden – vor allem zu Lasten unserer Kinder. Seit 1971 errechnet das „Global Footprint Network“ den Earth Overshoot Day. Damals fiel dieser Tag noch auf den 25. Dezember. Das bedeutete, dass der Planet nur 6 Tage auf Pump lebte. Heute sind es mehr als 5 Monate.

Österreichs Overshoot Day war übrigens schon am 6. April. Die ökologische Geldbörse wäre damit, umgerechnet auf einen Monat, schon etwa am 10. leer.

Kurz gemeldet

Auf der Suche nach technischen Lösungen für die CO2-Speicherung, haben Forscher:innen ein vielversprechendes Bakterienenzym entdeckt. Es stammt aus einer Mikrobe, die 1981 in Zentralafrika gefunden wurde.

https://science.orf.at/stories/3214226/

In Australien ist die Zahl der bedrohten Arten in den letzten fünf Jahren um acht Prozent gestiegen. Von den 400 Säugetierarten des Landes leben 320 ausschließlich auf dem Kontinent, etwa Wombats oder eierlegende Schnabeltiere.

Bericht: Australiens Umwelt leidet – science.ORF.at

Der Autoverkehr von morgen

Hörtipp

Wie sich die deutsche Agentur für Erneuerbare Energien die automobile Zukunft vorstellt, hat sie kürzlich bei einer Tour durch das Ruhrgebiet gezeigt. Die Ideen reichen von der durchaus umstrittenen Beimischung von Biodiesel zu fossilen Kraftstoffen bis zu riesigen Schnellladestationen. Die DIMENSIONEN haben aufgezeichnet, was heute in Sachen Autoverkehr erprobt wird, und die Projekte von unabhängigen Expert:innen einordnen lassen.

https://oe1.orf.at/player/20220718/685641

Klimaschutz = Naturschutz = Armutsbekämpfung

Und wieder liegt eine Murmeltierwoche hinter uns – mit der Wiederholung von Dingen, die wir schon oft gehört haben, die aber nicht oft genug gesagt werden können: Klimaschutz ist auch Armutsbekämpfung und Naturschutz. Die jüngsten Berichte des Weltklimarates haben auf diesen Zusammenhang hingewiesen, und diese Woche tun es auch Berichte des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung PIK und des WWF zusammen mit dem Roten Kreuz.

„Klimafolgen wie etwa Wetterextreme oder Folgen der Naturzerstörung erhöhen zum Beispiel die Risiken für die Landwirtschaft, also für die Einkommen der Bäuerinnen und Bauern, für die Lebensmittelpreise, und letztlich für die Ernährung und Gesundheit aller“, sagt Björn Sörgel vom PIK. Umgekehrt machen eine gesunde Artenvielfalt und eine nachhaltige Bewirtschaftung die Lebensräume resilienter gegen klimatische Veränderungen.

„Gezielte Maßnahmen zum Schutz der Natur können klimabedingte Katastrophen um über ein Viertel verringern. Das würde nicht nur unzählige Menschenleben retten, sondern gerade in den ärmsten Regionen der Welt Schäden in Milliardenhöhe verhindern”, wie auch WWF-Programmleiterin Hanna Simons betont.

So sieht das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung die UN-Nachhaltigkeitsziele untrennbar mit den Pariser Klimazielen verbunden sowie mit den 2010 beschlossenen Aichi-Biodiversitätszielen. In keinem der drei Bereiche ist die internationale Staatengemeinschaft auf Kurs, um die Ziele auch tatsächlich zu erreichen.

Wie schon öfter angemerkt, gilt: Je reicher eine Gesellschaft bzw. eine Personengruppe innerhalb einer Gemeinschaft, umso mehr Klimaschäden richtet sie an. Begüterte fliegen etwa weitaus mehr als Menschen mit wenig finanziellem Spielraum. Deshalb verlangt der Klimaschutz auch nach Umverteilung: Als wichtiges Mittel der Umverteilung nennt das PIK eine CO2-Emissionsabgabe. Sie könnte an jene gehen, die treibhausgassparsam leben.

Aber selbst eine Bepreisung von Kohlendioxid ist keine Generallösung: Während Indien laut PIK damit einen Großteil der Mittel aufbringen könnte, die für das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele (u.a. Abschaffung von Armut und Hunger oder das Bereitstellen von leistbarer und sauberer Energie) nötig sind, wird Afrika dafür Milliardenhilfen brauchen.

Und so meint auch PIK Direktor Ottmar Edenhofer: „Es ist halt leider nichts kostenlos. Entweder wir zahlen weiterhin für die Schäden an Klima und Natur, und damit letztendlich auch für menschliches Leid. Oder wir zahlen für die Lösungen.“

PIK-Policy Paper: “Joint implementation of the Sustainable Development Goals, climate change mitigation and biosphere protection: Policy options for tackling multiple crises simultaneously”

WWF-Report: „Working with Nature to Protect People: How Nature-based Solutions Reduce Climate Change and Weather-Related Disasters“

G7 verabschieden sich von Kohlestrom

Energiewende I

Die größten Industrienationen der Welt (u.a. Deutschland, Frankreich und die USA) wollen bis 2035 Strom weitgehend CO2-frei erzeugen. Damit verbunden ist ein Ausstieg aus Kohlekraftwerken. Darauf haben sich die G7 in Berlin geeinigt. Auch ineffiziente und klimaschädliche Subventionen für fossile Energien sollen bis 2025 auslaufen.

Ambitioniert sind die Ziele auch beim Methan, das als etwa 25mal so klimaschädlich gilt wie Kohlendioxid. Sein Ausstoß (er kommt vor allem aus der Tierhaltung) soll weltweit bis 2030 um 34% sinken.

Die G7 haben sich auch darauf geeinigt, ärmere Länder bei der Energiewende und den Folgen der Erderwärmung zu unterstützen. Die Gelder, die Entwicklungsländer für die Anpassung an den Klimawandel erhalten, sollen bis 2025 gegenüber 2019 mindestens verdoppelt werden.

Als nächsten Schritt wollen die G7 die G20 ins Boot holen. Die G20-Staatengruppe verursacht 80% der weltweiten Emissionen.

Quelle: APA

Noch mehr Photovoltaikförderung

Energiewende II

Die Förderung für Photovoltaik wird um 40 Millionen Euro aufgestockt. Das hat das Klimaschutzministerium diese Woche bekanntgegeben. Mit den 40 Millionen der ersten Förderrunde wurden 11.000 PV-Anlagen unterstützt. Für die zweite Förderrunde ab 21. Juni stehen nach der Erhöhung 60 Millionen Euro zur Verfügung.

https://www.orf.at/#/stories/3268993/

Photovoltaikförderungen-Österreich

Der schwierige Weg zu nachhaltigem Kerosin

Energiewende III

Der Anteil der Flugbranche am CO2-Ausstoß der EU wird auf rund 3,8 Prozent geschätzt. Als Hoffnungsträger für „grüneres“ Fliegen gelten Sustainable Aviation Fuels (SAFs). Sie können beispielsweise aus gebrauchtem Speiseöl und Altfetten hergestellt werden.

Bereits in drei Jahren sollen alle EU-Staaten zumindest 2% des Kerosins durch SAFs ersetzen. Größere Mengen des nachhaltigeren Flugbenzins sind allerdings auch noch nicht verfügbar. Und zudem ist es fünf- bis neunmal so teuer wie das (nicht-besteuerte) fossile Kerosin.

Zum Klimawandel trägt übrigens nicht nur der enorme CO2-Ausstoß der Flugzeuge bei, sondern auch die Bildung von Kondensstreifen. Sie führen zur Bildung von Wolken, die wiederum zur planetaren Aufheizung beitragen.

https://orf.at/stories/3266129/

Kurz gemeldet

Die Stadt Paris will in ihren 1.300 Kantinen künftig an zwei Tagen pro Woche ausschließlich vegetarische Mahlzeiten servieren. Darüber hinaus sieht der Ernährungsplan des Stadtrats bis 2027 nur mehr nachhaltige Gerichte in den Pariser Krippen, Schulen, Altersheimen und kommunalen Betrieben vor.

https://www.orf.at/#/stories/3268961/

Knappes Holz

Hörtipp

Bäume formen unsere Landschaft, Holz unsere Kultur – vom Bauen bis zum Heizen. Dabei ist Holz weitaus mehr als ein Rohstoff für Gebäude und Energie. Es ist eine wertvolle Faser, für die sich mittlerweile viele Industriezweige interessieren. Wald ist auch ein riesiger Kohlenstoffspeicher und Teil der grünen Lunge dieses Planeten – und vielleicht auch deshalb viel zu schade zum Verbrennen, dauert es doch Jahrzehnte, bis ein neuer Baum nachgewachsen ist. Gleichzeitig wird der Rohstoff immer knapper. Was Europa nicht selbst decken kann und importieren muss, holzt man andernorts ab. Ein RADIOKOLLEG über eine unterschätzte und rarer werdende nachwachsende Ressource.

Wirtschaft – oe1.ORF.at

Wärmere Ozeane sind lauter

  1. April 2022

Der Mensch kann schlecht mit Unsicherheit umgehen. Wir lieben Gewissheiten. Die können uns aber nur Religionen geben, so fragwürdig auch immer sie sein mögen. Zu den zentralen Spielregeln der Wissenschaft hingegen gehört, dass ihre Erkenntnisse immer widerlegbar sein müssen – und manchmal auch widerlegt werden. Manche rechnen ihr das als Schwäche an. Dabei ist das genau die Stärke der Wissenschaft.

Auch in der Klimaforschung haben sich manche Voraussagen verändert. Leider nicht unbedingt in jene Richtung, die zu unserer Entspannung beitragen würden. Bereits 2001 wurde im 3. Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC die Möglichkeit von Kipppunkten in unserer Atmosphäre und unseren Ökosystemen angesprochen – das sind jene Momente, ab denen ein Ereignis wie das Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes unumkehrbar wird.

2008 hat der deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber mehr als ein Dutzend solcher tipping points aufgrund der Erderwärmung publiziert. Dazu gehört etwa der Zusammenbruch der Nordatlantischen Umwälzströmung. Sie hat sich schon jetzt um 15% verlangsamt. Bleibt dieses gigantische Energieförderband stehen, kommt es im nordatlantischen Raum zu einer dramatischen Abkühlung. Durch die Erderwärmung könnte auch der Indische Monsun destabilisiert werden. Das hätte mehr Dürren und Flutkatastrophen zur Folge, um nur zwei Beispiele zu nennen.

2019 haben Schellnhuber und seine Kolleg:innen ihre Prognosen revidiert und gewarnt, dass die Kipppunkte wahrscheinlicher und zeitlich näher sein könnten, als zuvor angenommen. Ging man vor zwei Jahrzehnten noch davon aus, dass sie erst bei einer globalen Erwärmung von 5 Grad auftreten, gelten manche Kipppunkte auch schon bei einem Temperaturanstieg von 1 bis 2 Grad als wahrscheinlich. Und wie vor einigen Wochen erwähnt, stehen wir momentan bei einer durchschnittlichen Erderwärmung von 1,1 Grad, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Amundsen See-Einbuchtung in der Westantarktis könnte diesen point of no return bereits überschritten haben. Und auch für das Grönländische Eisschild könnte der irreversible Abschmelzprozess schon bei 1,5 Grad Erwärmung starten – möglicherweise in den 2030er-Jahren. Vom Auftauen der Permafrostböden haben wir ja erst vor kurzem im Ö1 Klima-Newsletter berichtet.

Insofern ist das Paris-Ziel von 1,5 Grad nicht der sichere Klima-Hafen, wie viele meinen, sondern nur ein Zielwert zur Schadensminimierung. In Wahrheit zählt jedes Zehntel Grad, das wir vermeiden können.

Wärmer Ozeane sind lauter

Biodiversität

Steigt die Temperatur in den Meeren, können sich die Schallwellen schneller ausbreiten. In der arktischen Barent See oder im nordwestlichen Pazifik ist die Schallgeschwindigkeit in einer Tiefe von 50 Metern bereits um ein Prozent gestiegen, wie eine kanadische Studie zeigt. Gleiches gilt für die Arktis, den Golf von Mexiko oder die südliche Karibik 500 Meter unter der Wasseroberfläche. Für die Meerestiere wird sich damit die Kommunikation möglicherweise folgenschwer wandeln. „Die Veränderung der Schallgeschwindigkeit beeinflusst auch ihre Fähigkeit zur Nahrungsaufnahme, das Paarungsverhalten oder die Flucht vor Räubern“, so die Autoren.

Warming oceans are getting louder – AGU Newsroom

Riesiger Eisberg abgebrochen

Ostantarktis

Bereits Mitte März dürfte sich ein Eiskoloss in der Größe Roms vom Festland der östlichen Antarktis gelöst haben.  Die NASA-Expertin Catherine Colello Walker beschrieb die Ablösung des sog. Conger Eisschelfs im Guardian als „einen der bedeutsamsten Abbrüche in der Antarktis seit den frühen 2000er Jahren“ und als „Anzeichen für das, was kommen mag.“

Im Gegensatz zur Westantarktis ist ein Abschmelzen der Ostantarktis zwar unwahrscheinlicher. Aber auch hier könnte durch punktuelle Ereignisse ein nicht mehr zu stoppender Eisverlust in Gang gesetzt werden – mit einem langfristigen Meeresspiegelanstieg von 3-4 Metern.

Riesiger Eisberg in östlicher Antarktis abgebrochen – science.ORF.at

Wie Gas in der Industrie ersetzen?

Energiewende

8,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas verbraucht Österreich pro Jahr. Mehr als 70 Prozent davon gehen in die Industrie, einerseits als Energieträger, andererseits auch als Rohstoff für chemische Produkte oder Düngemittel. Der größte Verbraucher ist der Chemiesektor, gefolgt von der Papier- und Zellstoffproduktion und der Stahlindustrie. In einigen Bereichen, etwa der Lebensmittelindustrie, könnten Trocknungsprozesse statt mit Gas über Biomasse betrieben werden. Auch in der Stahlindustrie seien Verfahren mit Strom statt Gas möglich, allerdings mit einer Umstellungszeit von 10-15 Jahren, so Ilse Schindler vom Umweltbundesamt in Wien.

Weniger Erdgas: Wie der Energiewechsel funktionieren könnte – science.ORF.at

Kurz gemeldet

Australischen Forscherinnen ist es gelungen, hitzetolerantere Korallen zu züchten. Am Great Barrier Reef hat gerade wieder eine temperaturbedingte Korallenbleiche eingesetzt.

Ökologie: Hitzetolerante Korallen am Great Barrier Reef – science.ORF.at

Podcast NACHHALTIG LEBEN

TIPP

Jeden zweiten Freitag fragt Ruth Hosp in der Sendung NACHHALTIG LEBEN (11.55 Uhr), wie ein ökologisch verträglicher Lebensstil aussehen könnte. Es geht um „grünes“ Reisen genauso wie um den Ausstieg aus der ressourcenverschlingenden „Fast Fashion“. NACHHALTIG LEBEN ist auch als Podcast abonnierbar.

https://radiothek.orf.at/podcasts/oe1/oe1-nachhaltig-leben

Sendungen zum Thema aus dem gesamten Ö1-Angebot, von DIMENSIONEN über MOMENT bis zum RADIOKOLLEG sind dauerhaft unter https://oe1.orf.at/nachhaltigleben nachhörbar.

Chancen und verpasste Chancen

Einfach wird es nicht, wenn wir (weitgehend) auf Erdgas verzichten wollen. 8,2 Milliarden Kubikmeter Erdgas verbrauchen wir in Österreich momentan pro Jahr, wie ich gestern bei einer Präsentation der Österreichischen Energieagentur gelernt habe. Der Verbrauch der Haushalte ist über die letzten Jahre weitgehend stabil geblieben, der Bedarf der Industrie hingegen gestiegen. Papier- und Stahlindustrie brauchen den Energieträger genauso wie Gaskraftwerke. Sie liefern uns im Winter jenen Strom, der sich mit den bestehenden erneuerbaren Quellen nicht mehr ausgeht.

Betrachtet man Erdgas nur als Energieträger (es wird auch noch in andere Produkte umgewandelt), entfallen 57% auf die Industrie, 30% auf die Haushalte. Immerhin stehen noch mehr als 900.000 Gasthermen in österreichischen Wohnungen und Häusern, fast die Hälfte davon in Wien. Und selbst in der Fernwärme steckt zu 50 Prozent Erdgas drin.

Viele Zahlen, die unsere komplexe Abhängigkeit von Erdgas (und in Österreichs Fall damit von russischen Lieferanten) zeigen.

Wie also wegkommen vom fossilen Erdgas, das Milliarden kostet, die Raketen eines autoritären Regimes finanziert und den Erdball ins Fieber treibt?

Wir werden auch in Zukunft gasförmige Energieträger brauchen, meint Günter Pauritsch von der Energieagentur. Aber es gibt Alternativen zur fossilen CO2-Schleuder. „Grünes“ Gas – Biomethan – kann man zum Beispiel durch Vergärung von biogenen Abfällen oder Vergasung von Holz erzeugen. Wie die Energieagentur errechnet hat, lässt sich damit selbst unter optimistischsten Annahmen bis 2040 maximal ein Viertel des Gasbedarfes decken. Und 2040 ist jenes Jahr, für das Österreich die Klimaneutralität anpeilt. Die Differenz könnte aus „grünem“ Wasserstoff kommen. Er wird mit Strom aus Wasser, Wind oder Sonne produziert.

Dass wir unseren Energiebedarf vollständig im Land decken können, bezweifelt Günter Pauritsch aber. Wir werden auch nach 2040 Nettoimporteur bleiben. Deshalb sei es höchste Zeit, sich schon jetzt mit Importmöglichkeiten von erneuerbaren Gasen zu beschäftigen.

Dass wir eine gute Chance zum Umdenken verpasst haben, erfahren Sie jetzt gleich im ersten Beitrag des Newsletters.

Zu wenig grüne Investitionen während Corona

Verpasste Chance

Rund 14 Billionen Dollar haben die G20-Staaten während der Corona-Pandemie in wirtschaftliche Hilfspakete investiert. Aber nur 6 Prozent davon gingen in klimafreundliche Bereiche. Das dokumentiert eine Studie, die kürzlich in Nature erschien.

„Diese Wiederherstellungspakete waren für die Regierungen eigentlich eine Chance zu entscheiden, wie die künftige Wirtschaft im Land aussehen soll und wie man sie in eine klimafreundlichere Richtung lenken könnte“, meinte Koautor Scot Miller gegenüber science.orf.at.

Die G20-Staaten sind für 80% des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich. Die Bereitschaft zu grünen Investitionen schwankt stark: So investierten die EU und Südkorea immerhin 30% ihrer Wiederherstellungsgelder in klimafreundliche Bereiche.

CoV-Wirtschaftshilfen: Verpasste Chance für grünere Zukunft – science.ORF.at

Was man über Biodiversität wissen muss

10 „Must-Knows“

Biodiversität, Ökologie und Klimaschutz gehören zusammen. So haben die Ökosysteme an Land und im Wasser in den letzten zehn Jahren etwa 55 Prozent des vom Menschen verursachten CO2 aufgenommen. Umso mehr Sinn macht es, die Natur intakt zu halten. Das betonen die Autor:innen des 60seitigen Berichts „10 Must-Knows aus der Biodiversitätsforschung 2022“ und finden sich damit ganz auf Linie mit dem jüngsten Sachstandsbericht des IPCC. Sie kritisieren etwa, dass weltweit 22mal mehr für Investitionen ausgegeben wird, die der Biodiversität schaden, als für artenschutzfreundliche Alternativen.

Zudem, so kritisiert der Bericht, vergesse man zu oft auf die unsichtbare Flora und Fauna. „Elefanten oder Tiger möchten alle schützen, das Leben unter der Oberfläche stirbt unsichtbar“, denn in Flüssen und Seen sei die Menge größerer Wirbeltiere um 84 Prozent zurückgegangen.

Biodiversität : Zehn „Must-knows“ zum Artensterben – science.ORF.at

10 Must-Knows aus der Biodiversitätsforschung 2022 | Zenodo

Antarktisches Meereis auf Rekordtief geschrumpft

Natürliche Schwankung

Mit knapp unter 2 Millionen Quadratkilometern Ausdehnung hat die antarktische Meereisfläche im Februar den tiefsten Stand seit dem Beginn der Satellitenbeobachtung vor 43 Jahren erreicht. Die Forscher:innen der Nature-Studie führen den Negativrekord allerdings fast zur Gänze auf natürliche Schwankungen zurück. Der Wind habe Eismassen aus der Ross See Richtung Norden getrieben. Dort seien sie im wärmeren Wasser dann geschmolzen. Im Gegensatz zum arktischen Eis, das seit dem Start der Satellitenauswertung 1979 kontinuierlich geschrumpft ist, schwankt das antarktische Eis viel stärker. Nach dem jüngsten Rekordtief 2017 hat es bis 2020 fast wieder seine normale Ausdehnung erreicht.

https://www.nature.com/articles/d41586-022-00550-4

Europas Permafrost-Moore tauen

Vor dem Kipppunkt

Erwärmt sich die Erde um 2 Grad, könnten in Europa Permafrost-Moore auf einer Fläche von 700.000 km2 auftauen. Das entspricht fast neunmal der Fläche Österreichs. Moore binden sehr viel Kohlenstoff. Tauen die Moore, emittieren sie Treibhausgase wie CO2 und Methan. Wie die Autor:innen der Nature Climate Change-Studie schreiben, habe man ihre Bedeutung für das Klima bisher unterschätzt. Die Moore in Europa und Sibirien könnten bereits nahe an jenem Kipppunkt stehen, an dem sie von Kohlenstoffsenken zu Kohlenstoffschleudern werden. Die Moorgebiete in Norwegen, Schweden, Finnland und dem Westen Russlands könnten bereits in den 2030er-Jahren ihre kohlenstoffbindende Funktion verlieren.

https://science.orf.at/stories/3211985/

Kurz gemeldet

Die EU-Finanzminister:innen haben sich auf eine Art CO2-Zoll geeinigt. Um Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen zu vermeiden, sollen Stahl-, Zement-, Düngemittel- oder Stromimporte ab 2026 entsprechend ihrem Treibhausgasausstoß besteuert werden.

Finanzminister einigen sich auf CO2-Grenzausgleich – news.ORF.at

Die OMV will die Produktion von Öl und Gas zur energetischen Nutzung bis 2050 völlig einstellen. Bis 2030 plant sie als Zwischenziel eine Reduktion von 20 Prozent.

OMV plant Ausstieg aus Öl und Gas – news.ORF.at

Auf schmalem Grat

Hörtipp

Die Alpen haben das angepeilte 2 Grad-Ziel längst überschritten. Nicht nur die wachsende Anzahl von Schneekanonen zeigt, dass sich das Leben in den Bergregionen mit dem Klimawandel stark verändern wird. Die DIMENSIONEN haben sich der Frage gewidmet, wie sich die Erderwärmung auf den Winter auswirkt.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/klima

Wenn die Hummel nicht mehr brummt

Der Kuckuck ist ein bisschen wie ein schlechter Bassist: Er hat Probleme mit dem Timing. Üblicherweise kommt er im Frühjahr so rechtzeitig aus seinem Winterquartier im Süden zurück, dass das Weibchen seine Eier in die Nester von Rotkehlchen oder Rotschwanz legen kann. Idealerweise schlüpfen die Kuckucksjungen vor der Brut der Wirtsvögel. Dann werfen sie deren Eier aus dem Nest und lassen sich „fremdbetreuen“. Dieses Schmarotzertum macht den Kuckuck zwar nicht sympathisch, aber Sympathiewerte sind nun mal keine Kategorie der Natur.

Mit der Klimaerwärmung wird es im Frühjahr eher warm. Rotkehlchen wie Bachstelze haben längst zu brüten begonnen oder der Nachwuchs ist bereits geschlüpft, wenn der Kuckuck aus Zentralafrika eintrifft. Seine Chancen, sich fortzupflanzen, sinken daher drastisch. Darauf weist auch der WWF im Bericht Feeling the Heat hin, in dem er anhand von 13 Arten exemplarisch veranschaulicht, wie die globale Erwärmung die Natur beschädigt.

Wenig amused ob der Hitze sind auch der Darwin-Nasenfrosch (in Südamerika heimisch) und die Kaiserpinguine, die Lederschildkröte oder das Rentier.

Insgesamt, so schätzt der Weltbiodiversitätsrat, sind von den bekannten 8 Millionen Arten bereits mehr als eine Million bedroht. Dazu gehört auch ein Insekt, ohne das wir gar nicht leben könnten, wie Sie im ersten Beitrag lesen werden.

Hummeln mit Hitzeschock

Artensterben

Die pelzigen Hummeln sind nach menschlichen Maßstäben warm angezogen und damit gut an kältere Klimazonen angepasst. Wird es heiß, können sie schnell überhitzen. Beobachtungen an 66 Hummelarten über ein ganzes Jahrhundert hinweg haben gezeigt, dass sich die Brummer immer mehr in kühlere Regionen zurückgezogen haben. Ihre Anzahl ist dabei kontinuierlich gesunken. Dazu trägt neben der Erderwärmung auch die intensive Landwirtschaft bei. Eine Hummel braucht für ihren Energiebedarf mehrere hundert Blüten pro Tag. Sie bestäubt en passant Wild- und Kulturpflanzen. Sinken die Hummelzahlen, ist auch unsere Ernährung gefährdet.

https://science.orf.at/stories/3211875/

Amazonas-Regenwald wird labiler

Ökologie

Bei mehr als drei Vierteln des Amazonas-Waldes hat die Fähigkeit nachgelassen, sich von Störungen wie Dürren oder Bränden zu erholen. Das zeigt eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Nicholas Boers vom PIK führt die nachlassende Widerstandsfähigkeit auf Störungen durch Brandrodungen und Abholzungen zurück. Als Gegenmaßnahme müsse man die Abholzung stark eindämmen, aber auch die globalen Treibhausgasemissionen reduzieren.

Das Amazonas-Gebiet hat eine Schlüsselrolle für das Weltklima. Es speichert große Mengen CO2 und beherbergt viele Tier- und Pflanzenarten. Forscher:innen fürchten, dass sich das Amazonas-Becken bei einem Verlust von 20-25% der Walddecke in eine Savanne verwandeln könnte. 

https://science.orf.at/stories/3211835/

Renaturierung statt technischer Maßnahmen

CO2-Speicherung

Durch die Renaturierung zerstörter oder beschädigter Lebensräume könnten wir im EU-Raum jährlich 300 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent aus der Atmosphäre holen. Das behauptet eine Studie im Auftrag des World Wide Fund for Nature (WWF). Die Menge entspricht den gesamten Emissionen von Österreich, Ungarn, Tschechien und der Slowakei.

Im März will die EU ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) präsentieren. Der WWF fordert, „dass bis 2030 mindestens 15 Prozent der Land- und Meeresfläche sowie 15 Prozent der Flussstrecken der EU wiederhergestellt werden müssen“. Renaturierungen seien wesentlich sicherer und praktikabler als technische Lösungen.

WWF-Studie: EU-weite Renaturierungen können riesige Mengen CO2 binden – WWF Österreich

Kurz gemeldet

Die Zukunft der Windkraft liege auf hoher See, weil sich rund 80 Prozent der Windressourcen über der Tiefsee befinden. Auch 200 Meter lange Rotorblätter seien kein Problem, so die Energieforscherin Lucy Pao.

https://science.orf.at/stories/3211864/

Vor dem Anstieg von Gletscherseen in Zentralasien warnt ein Forscherteam der Universität Innsbruck. Der Gletscherschwund in Folge des Klimawandels könnte zu einer Verzehnfachung der Wassermenge in den hoch gelegenen Becken führen – mit der Gefahr von Dammbrüchen und Flutwellen.

https://science.orf.at/stories/3211799/

Das Zeitfenster schließt sich

Hörtipp

Die Anpassungen an die Klimaerwärmung werden Geld kosten. Aber sie werden billiger sein als nachträgliche Reparaturmaßnahmen. Das sagt die Ökonomin Birgit Bednar-Friedl in den DIMENSIONEN.DISKUSSIONEN. Sie ist Mitautorin des jüngsten IPCC-Berichts. Darin hat der Weltklimarat unter anderem darauf hingewiesen, wie wichtig gesunde Ökosysteme sind, um uns vor negativen Auswirkungen der Erderwärmung zu schützen. Gleichzeitig klafft aber eine große Lücke zwischen dem, was getan werden sollte, und dem, was tatsächlich umgesetzt wird. So ist der Globus mit den derzeitigen Maßnahmen auf dem Weg zu einer 2,7 Grad-Erwärmung – und damit weit weg vom 1,5 Grad-Ziel.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/oekologie