Schlagwort: Gletscher

Übertrieben? Ganz und gar nicht!

Ich habe mir im Sommer die Mühe gemacht, unterschiedlichste Prognosen aus den bislang sechs Sachstandsberichten des Weltklimarats IPCC zusammen zu suchen. Und dabei hat sich ein Eindruck bestätigt, den ich seit langem hatte: dass nämlich alle Voraussagen des IPCC sehr zurückhaltend, vorsichtig und manchmal sogar untertreibend bis zur Verharmlosung sind. So prognostizierte der erste Sachstandsbericht von 1990 bei einem „Weiter-wie-bisher“-Szenario einen Temperaturanstieg von etwa 1°C bis 2025 im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Tatsächlich stehen wir bei rund 1,5°C.

Der zweite Sachstandsbericht (1995) sprach von einer globalen Erwärmung von rund 2°C bis zum Jahr 2100, bei einer Bandbreite von 1 – 3,5°C.

Im dritten Sachstandsbericht von 2001 lag die Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts bereits auf einer Bandbreite zwischen 1,4 und 5,8°C. Ähnlich geht es in den weiteren drei Berichten weiter, auch in Sachen Meeresspiegelanstieg, aber ich will Sie nicht mit einem Zahlenwust überfrachten.

Nun kann man die Ungenauigkeit der Prognosen auch positiv sehen: Sie spiegeln die Weiterentwicklung der Klimamodelle wider, aber auch einen wissenschaftlichen Zugang, der unnötigen Alarmismus vermeidet und seine eigenen Ungewissheiten verantwortungsvoll abbildet.

Insofern überrascht es auch nicht, dass das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK bei anhaltend hohen Emissionen nun auch vor einem Zusammenbruch der nordatlantischen Umwälzströmung AMOC nach dem Jahr 2100 warnt. Diese Strömung transportiert Wärme Richtung Norden, während in der Tiefe kaltes Wasser Richtung Äquator fließt. AMOC ist für das milde europäische Klima verantwortlich. Bricht diese Klimamaschine zusammen, kommt es in Nordwesteuropa zu extremen Wintern und zu noch mehr Trockenheit im Sommer. Der Kipppunkt für eine drastische Verlangsamung der Umwälzströmung könnte schon Mitte des Jahrhunderts erreicht sein. Laut Stefan Rahmstorf vom PIK „unterschätzen die Standardmodelle das Risiko vermutlich“, u.a. weil sie das Abschmelzen des grönländischen Gletschers und damit den Süßwassereintrag zu wenig berücksichtigen.

Wir befinden uns also in einem riesigen Klimaexperiment. Die Versuchskaninchen sind wir selbst. Und der Ausgang ist trotz aller intelligenten Modelle ungewiss, vor allem, wenn wir auf dem bisherigen Emissionspfad weiter gehen.

Aber zumindest am Beginn der Meldungen habe ich auch gute Nachrichten für Sie.

Studie: Shutdown of northern Atlantic overturning after 2100

Ozonschicht erholt sich

Entgegen den Befürchtungen von Fachleuten wird sich die Ozonschicht über der Antarktis bis 2060/ 2070 vollständig erholen. Das zeigt ein Forschungsteam mit Beteiligung Grazer Wissenschafter.

Entdeckt wurde das Ozonloch über der Antarktis 1985. Verursacht hatten es Flur-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKWs), die 1987 verboten wurden.

Das Ozon in der Stratosphäre, 15 bis 30 Kilometer über der Erdoberfläche schützt die Erde, vom Menschen bis zum Plankton im Meer, vor der schädlichen UV-Strahlung. Die Ozonschicht wirkt aber auch beim Klima mit, weil sie atmosphärische Zirkulation der südlichen Hemisphäre beeinflusst und somit auch das Wetter und das Klima in anderen Regionen verändern kann.

Nach Zweifeln: Ozonschicht erholt sich doch – science.ORF.at

Gletscher ade, aber die Wasserversorgung ist sicher

Die Masse von Österreichs Gletschern wird sich in den nächsten 20 Jahren halbieren. Für die Trinkwasser- und Energieversorgung ist das allerdings kein Problem. Die schmelzenden Gletscher gleichen nämlich die längeren Trockenphasen aus, die mit dem Klimawandel einher gehen, sodass manche Flüsse wie die Ötz derzeit im Sommer mehr Wasser führen als früher.

Ende des Jahrhunderts dürften jedoch alle österreichischen Gletscher verschwunden sein.

Etwas schneller wird es den Hallstätter Gletscher treffen. Er dürfte schon 2030 Geschichte sein.

Wie rasch sich die Eismassen verflüchtigen, zeigt sich auch an der Verbindung zwischen Hallstätter und Schladminger Gletscher. Während österreichische Karten noch ein 400 Meter breites Band aus ewigem Eis ausweisen, schrumpfte der Schneeweg bis Mitte August auf eine Breite von zwei Meter. Das bringt nicht nur einer Hütte Probleme, sondern dem Tourismus auf dem Dachstein insgesamt.

Geradezu gigantisch mutet der Gletscherverlust im norwegischen Spitzbergen an. Dort schmolzen im Vorjahr rund 61 Gigatonnen ab. Dieser Verlust führte samt den Schmelzprozessen in der umliegenden Barentsee zu einem Meeresspiegelanstieg von rund 0,3 Millimeter, innerhalb nur eines Jahres.

Gletscherschmelze: Heimische Wasserversorgung vorerst gesichert – science.ORF.at

Jetzt geht’s um Anpassung

Leben mit dem Klimawandel

Im Vorjahr ist die mittlere Erdtemperatur erstmals über das Pariser Klimaziel von 1,5 Grad Celsius gestiegen. Und der Anstieg wird in den nächsten Jahrzehnten aller Voraussicht nach voranschreiten. Deshalb plädieren viele dafür, sich stärker mit der Anpassung an die Erwärmung zu beschäftigen. Über entsprechende Szenarien haben WissenschafterInnen diese Woche auch in Laxenburg diskutiert. Es gehe trotzdem nicht darum, das Klimaziel aufzugeben, sondern um die Frage, wie wir nach einem overshoot die Temperatur wieder auf rund 1,5 Grad drücken können. IIASA-Direktor Hans Joachim Schellnhuber plädiert etwa für eine verstärkte Nutzung von Holz als CO2-Speicher. „Die beste Maschine, die erfunden wurde, um CO2 aus der Atmosphäre herauszufiltern, ist der Baum“, so Schellnhuber. Verstärkte Verwendung von Holz zum Bauen etwa könnte Kohlendioxid langfristig binden. Weil der Regen mit jedem Zehntelgrad an Intensität zunimmt, gehe es auch darum, die Böden zu entsiegeln, damit der Starkregen versickern kann.

https://science.orf.at/stories/3232249

Kurz gemeldet

Von 2001 bis 2024 ist die Erde deutlich dunkler geworden ist. Damit reflektiert sie auch weniger Sonnenlicht und heizt sich stärker auf.

Albedo: Erde reflektiert weniger Sonnenlicht – science.ORF.at

Laut einem Bericht des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung hat die Erde sieben von neun kritischen Belastungsgrenzen überschritten – eine mehr als im Vorjahr.

Planet Erde: Sieben von neun Belastungsgrenzen überschritten – science.ORF.at

Hörtipp

Künstliche Intelligenz und Klima

Künstliche Intelligenz und ihre Rechenzentren verschlingen große Mengen Strom. Der aktuelle Nachhaltigkeitsbericht des Tech-Riesen Google zeigt zum Beispiel, dass KI den CO2-Abdruck des Unternehmens wieder stark wachsen lässt. Eine schöne CO2-neutrale Bilanz geht sich für viele Tech-Unternehmen trotzdem aus, weil sie Kompensationszertifikate kaufen. Diese Zertifikate sind umstritten, denn meist wird bei diesen Klimaschutzprojekten weniger Kohlendioxid eingespart als angenommen.


MATRIX hat sich angesehen, was wir über den Ressourcenverbrauch von KI wissen, wie die Tech-Konzerne bei ihren Nachhaltigkeitsberichten tricksen und wie die Firmen umweltbewusster werden könnten.

Ö1 – Radio – ORF Sound

Übertrieben? Ganz und gar nicht!

Ich habe mir im Sommer die Mühe gemacht, unterschiedlichste Prognosen aus den bislang sechs Sachstandsberichten des Weltklimarats IPCC zusammen zu suchen. Und dabei hat sich ein Eindruck bestätigt, den ich seit langem hatte: dass nämlich alle Voraussagen des IPCC sehr zurückhaltend, vorsichtig und manchmal sogar untertreibend bis zur Verharmlosung sind. So prognostizierte der erste Sachstandsbericht von 1990 bei einem „Weiter-wie-bisher“-Szenario einen Temperaturanstieg von etwa 1°C bis 2025 im Vergleich zum vorindustriellen Niveau. Tatsächlich stehen wir bei rund 1,5°C.

Der zweite Sachstandsbericht (1995) sprach von einer globalen Erwärmung von rund 2°C bis zum Jahr 2100, bei einer Bandbreite von 1 – 3,5°C.

Im dritten Sachstandsbericht von 2001 lag die Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts bereits auf einer Bandbreite zwischen 1,4 und 5,8°C. Ähnlich geht es in den weiteren drei Berichten weiter, auch in Sachen Meeresspiegelanstieg, aber ich will Sie nicht mit einem Zahlenwust überfrachten.

Nun kann man die Ungenauigkeit der Prognosen auch positiv sehen: Sie spiegeln die Weiterentwicklung der Klimamodelle wider, aber auch einen wissenschaftlichen Zugang, der unnötigen Alarmismus vermeidet und seine eigenen Ungewissheiten verantwortungsvoll abbildet.

Insofern überrascht es auch nicht, dass das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK bei anhaltend hohen Emissionen nun auch vor einem Zusammenbruch der nordatlantischen Umwälzströmung AMOC nach dem Jahr 2100 warnt. Diese Strömung transportiert Wärme Richtung Norden, während in der Tiefe kaltes Wasser Richtung Äquator fließt. AMOC ist für das milde europäische Klima verantwortlich. Bricht diese Klimamaschine zusammen, kommt es in Nordwesteuropa zu extremen Wintern und zu noch mehr Trockenheit im Sommer. Der Kipppunkt für eine drastische Verlangsamung der Umwälzströmung könnte schon Mitte des Jahrhunderts erreicht sein. Laut Stefan Rahmstorf vom PIK „unterschätzen die Standardmodelle das Risiko vermutlich“, u.a. weil sie das Abschmelzen des grönländischen Gletschers und damit den Süßwassereintrag zu wenig berücksichtigen.

Wir befinden uns also in einem riesigen Klimaexperiment. Die Versuchskaninchen sind wir selbst. Und der Ausgang ist trotz aller intelligenten Modelle ungewiss, vor allem, wenn wir auf dem bisherigen Emissionspfad weiter gehen.

Aber zumindest am Beginn der Meldungen habe ich auch gute Nachrichten für Sie.

Studie: Shutdown of northern Atlantic overturning after 2100

Ozonschicht erholt sich

Entgegen den Befürchtungen von Fachleuten wird sich die Ozonschicht über der Antarktis bis 2060/ 2070 vollständig erholen. Das zeigt ein Forschungsteam mit Beteiligung Grazer Wissenschafter.

Entdeckt wurde das Ozonloch über der Antarktis 1985. Verursacht hatten es Flur-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKWs), die 1987 verboten wurden.

Das Ozon in der Stratosphäre, 15 bis 30 Kilometer über der Erdoberfläche schützt die Erde, vom Menschen bis zum Plankton im Meer, vor der schädlichen UV-Strahlung. Die Ozonschicht wirkt aber auch beim Klima mit, weil sie atmosphärische Zirkulation der südlichen Hemisphäre beeinflusst und somit auch das Wetter und das Klima in anderen Regionen verändern kann.

Nach Zweifeln: Ozonschicht erholt sich doch – science.ORF.at

Gletscher ade, aber die Wasserversorgung ist sicher

Die Masse von Österreichs Gletschern wird sich in den nächsten 20 Jahren halbieren. Für die Trinkwasser- und Energieversorgung ist das allerdings kein Problem. Die schmelzenden Gletscher gleichen nämlich die längeren Trockenphasen aus, die mit dem Klimawandel einher gehen, sodass manche Flüsse wie die Ötz derzeit im Sommer mehr Wasser führen als früher.

Ende des Jahrhunderts dürften jedoch alle österreichischen Gletscher verschwunden sein.

Etwas schneller wird es den Hallstätter Gletscher treffen. Er dürfte schon 2030 Geschichte sein.

Wie rasch sich die Eismassen verflüchtigen, zeigt sich auch an der Verbindung zwischen Hallstätter und Schladminger Gletscher. Während österreichische Karten noch ein 400 Meter breites Band aus ewigem Eis ausweisen, schrumpfte der Schneeweg bis Mitte August auf eine Breite von zwei Meter. Das bringt nicht nur einer Hütte Probleme, sondern dem Tourismus auf dem Dachstein insgesamt.

Geradezu gigantisch mutet der Gletscherverlust im norwegischen Spitzbergen an. Dort schmolzen im Vorjahr rund 61 Gigatonnen ab. Dieser Verlust führte samt den Schmelzprozessen in der umliegenden Barentsee zu einem Meeresspiegelanstieg von rund 0,3 Millimeter, innerhalb nur eines Jahres.

Gletscherschmelze: Heimische Wasserversorgung vorerst gesichert – science.ORF.at

Kurz gemeldet

Erwärmt sich der Globus um 3 Grad, wird es auf der Alpennordseite eineinhalbmal so viele gefährliche Superzellengewitter geben, südlich erwartet man sich eine Zunahme um ein Drittel.

Superzellen: Mehr intensive Gewitter durch Erderwärmung – science.ORF.at

1 Million Hektar Land waren heuer in Europa bereits von Waldbränden betroffen. Durch die Erderwärmung werden Intensität und Häufigkeit derartiger Brände weiter zunehmen.

Attributionsanalyse: Erderwärmung verschärft Waldbrandgefahr – science.ORF.at

Hörtipp:

Was heimische Fischzucht nachhaltig macht

Obwohl Forellen Einzelgänger sind, dürfen in der Zucht bis zu 180 Tiere pro Quadratmeter gehalten werden. Als Raubfische benötigen sie ebenso wie Saiblinge als Futter Fischmehl, das meist aus Meeresfischen stammt. Wie beim Fleisch hat auch die Entscheidung für einen bestimmten Speisefisch eine ethische Komponente. MOMENT – NACHHALTIG LEBEN hat sich angesehen, worauf man beim Kauf heimischer Fische achten soll, wenn man auf Nachhaltigkeit Wert legt.

https://oe1.orf.at/player/20250805/803630

Geschummelt

Einen Teil unseres Lebens können wir uns nur leisten, weil wir nicht auf die wahren Kosten schauen und andere die Zeche berappen. Das trifft den motorisierten Verkehr und Flugreisen ebenso wie einen speziellen Zweig des Fischfangs, die Schleppnetz-Fischerei. Deren wahre (ökologische wie ökonomische) Kosten hat nun eine Studie rund um ein National Geographic Forschungsteam zu beziffern versucht und ist dabei zu horrenden Zahlen gekommen.

Bei der Schleppnetzfischerei kratzen Netze, die teilweise so groß sind, dass sie sieben Jumbo-Jets aufnehmen könnten, über den Meeresboden und nehmen fast alles an Leben mit, was ihnen in den Weg kommt. Bis zu 75 Prozent des Fangs sind Beifang, also Fische, die unerwünscht sind im Netz.

Die Schleppnetzfischerei schafft einerseits Arbeitsplätze und versorgt uns mit Proteinen. Diesen positiven Wert beziffert die Studie für Europa jährlich mit 1,1 Milliarden Euro. Andererseits verursacht sie hohe ökologische Schäden, etwa weil durch die Beschädigung des Meeresbodens CO2 frei und die Biodiversität enorm in Mitleidenschaft gezogen wird. Dieser Schaden könnte bis zu 11 Milliarden Euro betragen. Ein krasses Missverhältnis.

Besonders bemerkenswert ist, dass 60% aller europäischen Meeresschutzgebiete mit Schleppnetzen befischt werden. Das führt am Beispiel Norwegens dazu, dass die Biodiversität außerhalb der Schutzgebiete teilweise höher ist als innerhalb. „Die Schleppnetzfischerei in Europa zerstört das Meeresleben in mehr als der Hälfte der Gebiete, die eigentlich gesetzlich geschützt sein sollten. Die Schleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten ist nicht nur eine ökologische Beschädigung, sondern auch ein wirtschaftliches Versagen“, kommentiert Enric Sala, National Geographic Explorer in Residence und einer der Autoren der Studie.

Besonders pikant dabei: Europäische Länder wie Norwegen, Dänemark, Schweden, Großbritannien und Italien fördern die Schleppnetzfischerei mit rund 1,3 Milliarden Euro jährlich – klassische klimaschädliche Subventionen, die sich nicht um die gesellschaftlichen Gesamtkosten scheren. Laut einer Nature-Studie könnten die Kohlendioxid-Emissionen aus der Schleppnetzfischerei so hoch sein wie jene aus dem Flugverkehr.

Würde man die Schleppnetzfischerei nur in den europäischen Meeresschutzgebieten stoppen, würde sich die Öffentlichkeit Milliardenkosten ersparen. Aber es sind Kosten, die unsichtbar bleiben. Und deshalb kostet der Kabeljau am Teller weitaus mehr als auf dem Rechnungszettel steht.  

https://science.orf.at/stories/3229455

Gebirge als Wasserspeicher

Weltwasserbericht

Gebirge und Hochgebirge sind essenzielle Quellen und Speicher für Süßwasser sowie entscheidend für die Ernährungs- und Energiesicherheit von über drei Milliarden Menschen. Das betont der kürzlich erschienene Weltwasserbericht der UNO. Besonders Gletscher sind in Dürreperioden wichtig, da sie Wasser speichern und über das Jahr verteilt liefern. Bei Dürre etwa schmelzen sie stärker und versorgen trockene Gebiete mit Wasser. Forschende plädieren angesichts des Klimawandels für Anpassungsstrategien wie künstliche Stauseen und einen umsichtigeren Umgang mit Wasserressourcen.

https://science.orf.at/stories/3229411

Pasterze schmilzt

Gletscherschwund

Pro Jahr verliert die Pasterze am Fuß des Großglockners bis zu zwei Meter Eisdicke. Laut Geosphere Austria könnte sie daher bald den Status des größten Gletschers Österreichs einbüßen. Bis 2050 wird der untere Teil – die Gletscherzunge – wohl verschwinden.

2025 wurde von der UNO zum Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher erklärt. Der Filmemacher Harry Putz hat über das Sterben der Gletscher in den Alpen einen Film gedreht.REQUIEM IN WEISS stellt anhand von 14 Gletschern in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz die Frage: Wie wollen wir unsere Gletscher verabschieden.  

REQUIEM IN WEISS – FREILUFTDOKU

https://science.orf.at/stories/3229387

Textilkonsum in der EU auf Rekordniveau

Umweltbelastung durch steigenden Verbrauch

Menschen in der EU verbrauchten im Jahr 2022 durchschnittlich 19 Kilogramm Textilien, darunter acht Kilogramm Kleidung, vier Kilogramm Schuhe und sieben Kilogramm Haushaltstextilien. Das ist mehr als in den Vorjahren, wie die Europäische Umweltagentur (EEA) berichtet.

Der hohe Textilkonsum belastet die Umwelt und das Klima durch den Verbrauch von Materialien, Wasser und Landfläche sowie durch Emissionen, Chemikalien und Mikroplastik. Der Bericht fordert Politik, Industrie und Verbraucher auf, zu langlebigeren und recycelbaren Textilien überzugehen, um die Umweltbelastung zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken.

Im Jahr 2022 wurden in der EU rund 6,94 Millionen Tonnen Textilmüll erzeugt, wobei 85 Prozent der Textilabfälle nicht getrennt gesammelt wurden. Ab dem 1. Januar 2025 müssen Textilien gemäß einer EU-Richtlinie zumindest getrennt vom restlichen Müll entsorgt werden. Nachhaltige Recyclingkonzepte fehlen allerdings noch.

https://orf.at//stories/3388640

Kurz gemeldet

Österreich hat den „Overshoot Day“ bereits am 29. März erreicht und damit seine natürlichen Ressourcen neun Tage früher als im Vorjahr aufgebraucht. Berechnet wird er von der Umweltschutzorganisation Global Footprint Network. Damit liegt Österreich beim Ressourcenverbrauch wieder ganz vorne. Negativer Spitzenreiter ist Katar, das schon am 6. Februar seinen Overshoot Day erlebt hat.

https://orf.at//stories/3388975

Ein neues Batterieforschungszentrum hat am 1. April in Graz seinen Betrieb aufgenommen. „Battery4Life“ forscht an innovativen Batterietechnologien für Elektrofahrzeuge mit dem Ziel, Batterien effizienter und nachhaltiger zu machen.

https://steiermark.orf.at/stories/3299278

Das Verschwinden der Weißen Haie hat schwerwiegende Folgen für das Ökosystem der Meere. Das zeigen Daten aus einer Atlantik-Bucht vor Südafrika. Der Verlust der Raubtiere beeinflusst das gesamte Nahrungsnetz negativ und schädigt viele Tiere, von Robben bis zu kleineren Haiarten und Fischen.

https://science.orf.at/stories/3229552/

IPCC-Bericht – Das „Window of Opportunity“ schließt sich

Am Montag dieser Woche erschien der jüngste Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC – wie sein Vorgänger unter äußerst ungünstigen Umständen. War es im Vorjahr Corona, das dem ersten Teil die öffentliche Aufmerksamkeit entzog, ist es diese Woche der erschütternde Krieg in der Ukraine. Dessen ungeachtet bleibt die drohende Klimaerwärmung ein Jahrhundertproblem, das unsere Aufmerksamkeit ebenso verlangt wie die humanitäre und politische Katastrophe in einem Land knapp vierhundert Kilometer östlich.

Schon jetzt, so konstatieren die Autor:innen, habe die Erderwärmung zu irreversiblen Entwicklungen geführt, die weder durch den Menschen, noch die Natur ausgeglichen werden können. Immer wieder korrigieren die 270 Verfasser:innen des zweiten Teils des sechsten Sachstandsberichts, wie der Report offiziell heißt, frühere Prognosen – leider, weil sie die disruptive Kraft der aufgeheizten Atmosphäre unterschätzt haben.

Wie die Autor:innen selber die Resultate aus dem jüngsten Bericht einschätzen, hat meine Kollegin Juliane Nagiller in science.orf.at zusammengefasst. „Noch gibt es Möglichkeiten, wie wir uns anpassen können. Diese Möglichkeiten werden geringer werden, je wärmer es wird“, sagt etwa Mitautorin Daniela Schmidt von der University of Bristol.

Der Report unter dem Titel „Impacts, Adapation and Vulnerability“ beschränkt sich nicht auf die direkten Auswirkungen der Treibhausgase. Er zeigt auch, das ge- und zerstörte Ökosysteme und der Verlust der Artenvielfalt doppelt verwundbar machen für die Folgen der Erderwärmung. Damit verbunden ist der Auftrag, unsere Umwelt besser zu schützen, weil auch sie uns resilienter macht gegen die Erderwärmung.

Der gesamte IPCC-Report umfasst 3.675 Seiten. Ich habe in diesem Newsletter vor allem die wichtigsten Fakten aus dem 36seitigen „Summary for Policymakers“ zusammengefasst. Auf dass sie nicht vergessen werden mögen.

AR6 Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability — IPCC

Extreme

Seit 1850 ist die Globaltemperatur um 1,09 Grad gestiegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad beschränken können, liegt unter 50%. Dies hat bereits jetzt zu einer Zunahme von Dürren und Unwetterkatastrophen geführt. Kinder, die derzeit 10 Jahre alt oder jünger sind, werden rund viermal mehr Extremwetter erleben als wir heute.

Die direkten finanziellen Schäden durch Überflutungen sind bei einer Erwärmung von 2 Grad bereits 1,4 bis 2mal so hoch wie bei einem globalen Temperaturanstieg von 1,5 Grad. Die Kosten für Extremwetterereignisse steigen exponentiell mit der Erderwärmung.

Artenvielfalt

Die Hälfte aller untersuchten Arten flieht aus den Hitzezonen in höhere Lagen und vor allem in Richtung der Pole – um rund 59 Kilometer pro Jahrzehnt. Bei einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad werden 3-14% aller landlebenden Arten wahrscheinlich aussterben. Bei +2 Grad steigt der Maximalwert auf 18 Prozent, bei 3 Grad auf 29 Prozent. Im 5 Grad-Szenario könnten fast die Hälfte aller Spezies vom Erdboden verschwinden.

Nahrung

Der Klimawandel und die damit verbundenen Extremereignisse haben das Nahrungsangebot, trotz steigender Produktivität, in viel kleinerem Ausmaß als möglich wachsen lassen. Sie bremsen damit auch das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele (SDGs). Acht Prozent der heutigen Ackerfläche werden 2100 nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar sein. In den Ozeanen reduzieren Erwärmung und Übersäuerung das Fischangebot. Die Fischereierträge könnten bis Ende des Jahrhunderts um bis zu 41 Prozent zurückgehen. Das führt vor allem in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sowie kleinen Inselstaaten und der Arktis zu Ernährungsproblemen. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung leidet schon jetzt an Wassermangel.

Wasser

Die Risiken durch Wassermangel werden mittel- bis langfristig in allen Regionen steigen. Bei einer globalen Erwärmung von 2 Grad nimmt die Verfügbarkeit von Schmelzwasser zur landwirtschaftlichen Bewässerung in einigen Gegenden bis zu 20 Prozent ab. Auch der Verlust von Gletschereis reduziert die sommerliche Verfügbarkeit von Wasser drastisch.

Ungleichheit

Die Folgen des menschlichen Treibhausgas-Ausstoßes sind global sehr ungleich verteilt. Die Ärmsten bekommen sie am meisten zu spüren. 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben in den Weltgegenden, die den Klimawandel am stärksten erleben. Dazu zählen West-, Zentral- und Ostafrika, Südasien, Mittel- und Südamerika sowie kleine Inselgruppen und die Arktis. In diesen Regionen war die Sterblichkeit aufgrund von Überflutungen, Dürren und Stürmen 15mal höher als in Regionen mit „geringer Verletzlichkeit“.

Gesundheit

Extreme Hitze führt weltweit zu Übersterblichkeit. Klimatisch bedingte Krankheiten – über die Ernährung ebenso wie über Wasser – nehmen zu. Auch von Tieren übertragene Infektionen wie Dengue oder Malaria werden mehr, einerseits weil sich die Überträger weiter ausbreiten, andererseits weil sie sich in wärmerem Wetter besser vermehren können. Krankheiten des Verdauungstraktes wie Cholera, die in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen sind, bekommen durch die Erderwärmung neuen Aufschwung.

Anpassungsstrategien

Kurzfristige Klimaschutzmaßnahmen, die die Erwärmung auf 1,5 Grad beschränken, können die Schäden an Ökosystemen und Gesellschaften reduzieren, aber nicht mehr alle negativen Effekte rückgängig machen. Darin sind sich die Autor:innen des zweiten Teils des sechsten IPCC-Sachstandberichts einig. Ein verstärktes Augenmerk auf die Biodiversität und Ökosysteme ist fundamental, um die Resilienz gegen klimatische Veränderungen zu stärken. Dazu gehört etwa, dass 30-50% der weltweiten Landfläche und Ozeane unter Schutz gestellt werden. Durch Anpassungsmaßnahmen könne man höhere Investitionen in der Zukunft vermeiden, und der potenzielle Nutzen dieser Maßnahmen sei langfristig höher als ihre Kosten, meint etwa Mitautorin Schmidt.

Jede Verzögerung bei einer weltweit abgestimmten Anpassung an die Klimaveränderung und bei der Eindämmung der Klimaschäden führt dazu, dass sich das „window of opportunity“ weiter schließt und damit auch die Chance sinkt „auf eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle“, wie der Bericht schließt.

IPCC-Bericht: Zeitfenster für Klimarettung schließt sich – news.ORF.at

IPCC-Bericht: Anpassung an Klimafolgen zu zögerlich – science.ORF.at

AR6 Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability — IPCC

Raus aus dem Gas – aber wie?

Hörtipp

Österreich will bis 2040 klimaneutral sein. Der Ukraine-Krieg könnte den Ausstieg aus der fossilen Verbrennung beschleunigen, auch wenn das russische Gas derzeit noch ungestört fließt. Immerhin eine Million Haushalte und viele Industriebetriebe hängen vom Erdgas ab, das wir zu 80 Prozent aus Russland beziehen. Im JOURNAL PANORAMA haben Energieexpert:innen und ein Wirtschaftsforscher darüber diskutiert, wie die Abkehr vom Gas gelingen könnte.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/wirtschaft