Schlagwort: Klimaklage

Cool bleiben ist schwierig

Die Erderwärmung öffnet immer wieder neue Türen der Ungerechtigkeit. Ein Begriff, den ich erst jüngst gelernt habe, ist „Coolcation“. Damit sind Urlaube fern der Hitze gemeint, vorzugsweise in nördlichen Ländern oder hoch droben in den Bergen. Gemeinsam haben diese Hitze-Flucht-Urlaube, dass sie vorwiegend in Ländern liegen, die nicht als günstige Destinationen bekannt sind, wie etwa Norwegen oder Schweden. Die „coolen vacations“ sind also keine Urlaube für Jedermann, sondern für Menschen mit entsprechenden Urlaubskassen. Wer unter der städtischen Hitze leidet und sich nicht auf die Lofoten zurückziehen kann, kann von Linz aus tageweise ins Mühlviertel flüchten oder von Wien in die Freibäder des Wienerwaldes. Abends wird die Wohnung dann wahrscheinlich trotzdem noch immer aufgeheizt sein, auch wenn uns der „verhatschte“ Juli nicht unbedingt mit Hitze traktiert hat.

Wie groß der soziale „Bias“, die Schlagseite der Erderwärmung, ist, hat jetzt auch die Statistik Austria im Auftrag der Arbeiterkammer dokumentiert. Demnach gaben 23,5 Prozent der befragten Personen mit niedrigem Haushaltseinkommen an, während einer Hitzewelle „sehr stark belastet“ zu sein. Bei Menschen mit hohem Haushaltseinkommen sind es nur 13,4 Prozent. Selbst entlang der Geschlechtergrenzen gibt es Unterschiede: Frauen (mit im Schnitt niedrigerem Einkommen) leider stärker unter der Erhitzung als Männer. Ebenso ist die Belastung in Einfamilienhäusern kleiner als in Häusern mit vielen Wohneinheiten.

Das Momentum Institut wiederum hat kürzlich darauf hingewiesen, wie stark die Zahl der hitzebedingten Todesfälle mit jedem Zehntelgrad mehr steigt. 1991 bis 2020 gab es im Schnitt 636 Hitzetote jährlich. Bei einem Anstieg um 1,5 Grad verglichen mit dem Referenzzeitraum 1850-1900 verdoppelt sich diese Zahl fast auf 1.081 hitzebedingte Todesopfer. „Bei 3 °C mehr sterben bereits 2.148 Menschen in Folge der immensen Hitze“, wie das Institut in einer Aussendung auf Basis von The Lancet-Daten schreibt. Dass sich diese Sterbefälle nicht gleichmäßig über alle Einkommensgruppen verteilen werden, sondern die Schwächsten in den prekärsten Wohnverhältnissen im Umfeld von Hitzeinseln zuerst treffen, liegt auf der Hand.

Für die Prognose wurde übrigens der globale Temperaturanstieg herangezogen. Österreich hat diesen Wert so wie andere europäische Länder längst „überschossen“: Österreich ist im Vergleich zum Mittelwert von 1850 – 1900 bereits um 3,1 °C wärmer.

https://www.statistik.at/fileadmin/announcement/2025/07/20250729HitzebelastungEinkommen.pdf

Plastiktaschenverbote reduzieren Müll im Meer

Regelungen tun der Umwelt gut

Leichte und dünne „Plastiksackerl“ werden oft verweht und landen in der Umwelt, wo sie u.a. den Tieren schaden. Plastikmüll wird etwa oft im Magen verendeter Fische oder Meeresschildkröten gefunden. Eine Science-Studie zeigt, dass Verbote und Gebühren für Plastiktaschen helfen, den Müll an Küsten zu verringern. In den USA führten solche Regelungen zu einem Rückgang von 25 bis 47 % im Vergleich zu Regionen ohne Maßnahmen gegen den unerwünschten Plastikmüll. Die positive Wirkung nimmt mit der Zeit zu, ohne dass negative Nebeneffekte beobachtet wurden. Besonders effektiv sind umfassende Verbote und Gebühren auf Einkaufstaschen aus Plastik, während teilweise Verbote weniger Wirkung zeigen.

https://www.sciencemagazinedigital.org/sciencemagazine/library/item/19_june_2025/4280133

Plastik in Innenräumen

Unterschätzte Gefahr

Menschen atmen viel mehr Plastik ein als bisher angenommen. Das legt eine Untersuchung aus Toulouse nahe. Demnach nehmen wir in Innräumen wie Wohnungen und Autos im Schnitt täglich rund 68.000 Plastikpartikel in unsere Atemwege auf. Bei Kindern sind es ca. 47.000.

Problematisch ist dies auch deswegen, weil die Mikroteile tief in die Lunge eindringen und dort Entzündungen oder Zellschäden auslösen können. „Die tatsächliche Belastung durch eingeatmetes Mikroplastik wurde bislang massiv unterschätzt“, heißt es in der Studie.

https://science.orf.at/stories/3231375

Klimawandel gefährdet Trinkwasserversorgung

27 Quellen untersucht

Der Klimawandel wirkt sich deutlich auf die Trinkwassersituation im österreichischen Alpenraum aus, wie eine Studie der Universität Graz zeigt. Hochalpine Quellen gewährleisten derzeit eine ausreichende Wasserversorgung, doch veränderte Abflussmengen durch wärmere Winter und frühere Schneeschmelze könnten langfristig Probleme verursachen, weil dadurch die Speicher schneller geleert werden. Besonders in Trockenperioden sind diese Quellen entscheidend für die Wasserversorgung.

https://science.orf.at/stories/3231294

Klimawandel ist Bedrohung für Menschenrechte

IGH-Entscheidung

Staaten, die ihre Klimaschutzverpflichtungen vernachlässigen, könnten rechtlich belangt werden. Das hat der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag in einem wegweisenden Gutachten erklärt. Für den vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaat Vanuatu ist die Entscheidung ein bedeutender Schritt im Kampf für Klimagerechtigkeit. Das Gutachten beschreibt die Folgen des Klimawandels als Bedrohung für Menschenrechte und könnte weltweit bei Klimaklagen als Argumentationsgrundlage dienen. Fachleute sehen in der Erklärung den Beginn einer neuen Ära der globalen Klimaverantwortung. Zudem nehmen transnationale Klimaklagen zu.

https://orf.at/stories/3400504

Kurz gemeldet

Die ÖBB haben in Linz die weltweit ersten wasserstoffbasierten Schienen verlegt, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Schienen kommen aus einem Forschungsprogramm der voestalpine und bestehen aus wasserstoffreduziertem Stahl und Schrott. Die voestalpine möchte Stahl bis 2050 CO2-neutral herstellen.

https://ooe.orf.at/stories/3315524

Hörtipp:

Wie man Geist und Qualität eines Gebäudes erhält

In alten Gebäuden stecken sehr viel Energie und Ressourcen. Adaptierungen oder Ausbauten sind zwar häufig mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, sie erhalten allerdings auch „Geschichte“ und tragen zur „Klimawende“ im Bauwesen bei. MOMENT – NACHHALTIG LEBEN hat sich angesehen, wie der Um- und Weiterbau alter Objekte – vom Salon bis zur alten Schmiede – gelingen kann.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben

Es könnte teuer werden!

Die Erderwärmung ist nicht nur ein physikalisches Geschehen. Sie verändert auch unser Zusammenleben, unsere Landwirtschaft, unsere Natur – und unsere Brieftasche. Wie sehr die steigenden Temperaturen den kollektiven Kontostand unserer Gesellschaft treffen werden, zeigt die neueste Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung PIK. Demnach schrumpfen die Einkommen in den nächsten 25 Jahren weltweit um 19 Prozent, verglichen mit einer Welt ohne Klimaerwärmung. Für Österreich prognostiziert das Wissenschafterteam einen Einkommensverlust von 12 Prozent. Dabei hat das PIK für unser Land auch ein Ost-Westgefälle identifiziert: Das Burgenland und Wien verlieren mit rund 16 Prozent mehr als etwa Tirol mit 8 Prozent.

Laut PIK liegt das daran, dass sich die flacheren Regionen im Osten Österreichs stärker erwärmen bzw. schon erwärmt haben. Weiter steigende Temperaturen wirken sich überproportional stark auf Ernteerträge und die Arbeitsproduktivität aus. Dazu kommen noch direkte Kosten für Klimaschäden wie Dürren oder Überschwemmungen.

Diese Verluste sind im Übrigen durch die Trägheit der Klimaentwicklung kaum mehr vermeidbar. Umso nötiger ist es, die Emissionen so einzudämmen, dass sie zumindest in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr steigen. Ansonsten könnten wir bis zu 60% unseres Einkommens verlieren, wie das PIK meint.

Spannend ist allerdings ein anderer Schluss aus den Berechnungen der Potsdamer: Die Kosten für die Reduktion der Treibhausgase betragen nur ein Sechstel der Kosten für die Schäden (das sind global 35 Billionen Euro)! „Es kostet uns viel weniger, das Klima zu schützen, als dies nicht zu tun“, so Studienleiterin Leonie Wenz.

Dies führt auch die irreführende Verzichtsdebatte ad absurdum, mit der Teile der Industrie oder Agrarlobbyisten warnen, dass Klimaschutz an einen Verlust von Wohlstand gebunden sei, weil wir unsere Gewohnheiten ändern müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Eine nachhaltigere Ernährung oder nachhaltigere Fortbewegung wird im Gegenteil unseren Wohlstand sichern, abgesehen davon, dass wir damit gesünder leben und sicherer und bequemer unterwegs sind, um nur zwei Beispiele zu nennen, wie wir von einer Änderung unseres Lebensstils profitieren können.

Der Klimawandel wird Arm und Reich treffen – aber Erstere weitaus mehr. Das zeigt sich auch daran, dass die Einkommensverluste für die Südhalbkugel auf 30% geschätzt werden.

https://science.orf.at/stories/3224629

Frühe Blüte wird normal

Kulturpflanzen

Die Marille in der Wachau hat heuer zwei bis drei Wochen früher geblüht als üblich. Auch Raps oder Birne waren sehr früh dran mit der Blüte. Das ist allerdings nicht mehr ungewöhnlich. Aufgrund der steigenden Temperaturen verschiebt sich die Blütezeit schon seit Jahren nach vorne – mit Problemen für die Landwirtschaft. Einerseits können Spätfröste großen Schaden anrichten, andererseits entwickeln sich dadurch auch Schädlinge wie Rüben- und Rapsstängelrüssler schneller.

Dafür wird nun die Pflanzung neuer Kulturpflanzen möglich, etwa Honigmelonen in Schladming.

Kulturpflanzen: Frühe Blüte als neue Normalität – news.ORF.at

Klimaklage erfolgreich

EGMR verurteilt die Schweiz

Klimaschutz ist ein Menschenrecht. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nun bestätigt. Dem war eine Klage von Schweizer Seniorinnen und Senioren vorangegangen, wonach die Schweiz nicht genug gegen den Klimawandel unternehme. Viele betrachten das Urteil als historisch und sehen darin einen möglichen Wendepunkt im Kampf gegen die Erderwärmung, da es Regierungen zu einer ehrgeizigeren Klimapolitik zwingen könnte.

Klimaklagen: EGMR verurteilt Schweiz – news.ORF.at

https://religion.orf.at/stories/3224627

Manifest für Insekten

Kein Mensch ohne die Sechsbeiner

Ein „Manifest für Insekten“ hat die Biologin Dominique Zimmermann vom Naturhistorischen Museum in Wien mit dem Künstler Edgar Honetschläger verfasst. „Ohne Insekten gibt es keine Menschen“, so Zimmermann in ihrem Buch „Insektengeflüster“.

Wissenschaftlich beschrieben sind rund eine Million Insektenarten, Schätzungen gehen aber von fünf bis sieben Millionen Arten weltweit aus.

Speziell an Land würden die Insekten nicht nur hinsichtlich ihrer Artenzahl, sondern auch durch ihre Biomasse alle anderen tierischen Organismen übertreffen. Allein die Termiten zusammen wiegen so viel wie die Menschen. Insekten würden „unser System ’schmeißen‘. Sie sind nicht unsere ‚Mitbewohner‘, sie sind die Mehrheit“, so Zimmermann.

(Quelle: APA – Austria Presse Agentur)

Kurz gemeldet

Für eine Rückkehr der Wälder in die Städte plädiert Viktor Bruckmann von der ÖAW. Ein Baum spende nicht nur Schatten, sondern verdunste auch Wasser, was wiederum die Umgebungstemperatur senkt. Auch die Biodiversität profitiert von einem Wald in der Stadt.

EGU24: Wälder auch für Städte wichtig – science.ORF.at

Am 7. April hat Österreich alle natürlichen Ressourcen verbraucht, die die Erde innerhalb eines Jahres auf der Fläche unseres Landes erneuern kann. Verantwortlich für den hohen Ressourcenverbrauch sind in Österreich vor allem Bauindustrie und Verkehrsbereich.

Österreich: Natürliche Ressourcen der Erde verbraucht – science.ORF.at

Hitzewellen könnten in Europa zukünftig noch viel extremer, länger und intensiver ausfallen, als bisher vermutet. Das sagen ForscherInnen auf der derzeit in Wien stattfindenden Konferenz der European Geoscience Union.

Klimaerwärmung: Europa drohen extreme Hitzewellen – science.ORF.at

Zahl der Woche

Durch Waldbrände wurden 2023 in der EU 20 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Das entspricht einem Drittel der Treibhausgasemissionen durch Europas Flugverkehr.

(Quelle: JRC – Joint Research Center der EU)

Tipp

Planet Matters-Frühlingsputz

Vor zwei Jahren hat der 23jährige Felix Krainer Planet Matters ins Leben gerufen –  eine Social-Media-Initiative zur kollektiven Müllsammelaktion. Zusammen mit seiner TikTok-Community, die nach eigenen Angaben über 3 Millionen Mitglieder zählt, reinigt er öffentliche Plätze, Strände, Gewässer und Grünflächen von Plastik und anderen Abfällen und postet davon unterhaltsame Kurzvideos. Bis 30. April tourt Planet Matters nun durch Österreich, um mit Hilfe von Freiwilligen achtlos weggeworfenen Müll zu sammeln.  

Hörtipps

Was werden wir morgen essen?

Während die einen auf Fleisch aus dem Labor hoffen oder sich vegan ernähren, betrachten andere Schweinefleisch um 5 Euro pro Kilo als Menschenrecht. Letzteres ist für die Erdernährung Gift. Denn die Fleischproduktion verschlingt insgesamt viel Ackerfläche und ist energetisch nicht sehr effektiv, deshalb auch ressourcenintensiv. Aber Ernährung hat auch viel mit Gewohnheit und Emotion zu tun. Das JOURNAL PANORAMA erkundet, wohin sich unsere Ernährung vor allem unter dem Eindruck der Klimakrise entwickeln könnte.

https://oe1.orf.at/player/20240417/755950

Nachhaltig reisen

Klimaschonend, sozialverträglich und naturfreundlich zu reisen, ist nicht aufwändig, wenn man ein paar Grundregeln beachtet. Die Touristikerin Anna Kodek, die auch einen Newsletter und Blog für nachhaltigen Tourismus schreibt, empfiehlt in NACHHALTIG LEBEN zum Beispiel, „langsamer, länger und näher zu verreisen.“ Und wenn es eine Fernreise wird, sollte man sie als Kostbarkeit betrachten.

https://oe1.orf.at/player/20240412/755704