Schlagwort: Meeresspiegel

Wenn die Emotionen kochen

Wenn Sie in einen frittierten Grashüpfer beißen, dann kracht er ähnlich wie Kartoffelchips – und schmeckt auch nicht viel anders. Neugier brachte mich dazu, Insekten schon vor Jahren in Thailand auf ihre kulinarische Tauglichkeit zu testen. Die Aussicht, dass sie jetzt – nach einer Zulassungswelle diese Woche – in Fertignahrung gemischt werden könnten, regt mich nicht sonderlich auf. Ich esse wenig Fertignahrung. Und Insektenmehl wird mich auch nicht dazu verleiten.

Interessant ist allerdings, wie emotional viele Menschen auf die EU-Zustimmung zu Heimchen und Getreideschimmelkäferlarven als Nahrung reagieren. Nachhaltiger als Rind- oder Schweinefleisch sind sie allemal. Gefüttert müssen allerdings auch sie werden. Was pflanzliche Nahrung noch immer zur besseren Alternative macht. Aber ich verweigere mich hier jedem Fundamentalismus. Und wer möchte, soll ruhig in den Buffalowurm beißen.

Noch weitaus emotionaler ist die Debatte auf einem anderen Feld, das sich vielleicht noch einfacher objektivieren ließe – bei der Frage niedrigerer Tempolimits, um den CO2-Ausstoß des Verkehrs zu reduzieren. Im Vergleich zu Zeiten vor der Pandemie sind die Emissionen zwar leicht gesunken, zuletzt nehmen sie aber wieder zu. Vor allem liegen sie noch immer um 50 Prozent über dem Niveau von 1990.

Wie eine deutsche Studie zeigt, liegt das Einsparungspotential durch eine Reduzierung des Tempos auf Straßen deutlich höher als bisher angenommen. Demnach könnte Österreich bei einer Senkung der Höchstgeschwindigkeit von 100 auf 80 km/ h im Freiland und von 130 auf 100 km/h auf Autobahnen 830.000 Tonnen CO2 jährlich einsparen. In Deutschland würde man allein mit der Einführung einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/ h auf Autobahnen 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent einsparen. Hier wie dort gehen ob dieser Ideen die emotionalen Wogen hoch.

Ich bin kein sonderlich begeisterter Autofahrer. Wenn ich mich in den Wagen setzen muss, ist es meist ein notwendiges Übel. Will ich wirklich schnell fahren, nehme ich den Railjet. Mit bis zu 230 km/ h komme ich definitiv schneller an viele Ziele als mit dem Auto. Und steuert man Ziele an, die mit dem öffentlichen Verkehr – das ist noch immer die umweltfreundlichste Alternative, trotz E-Mobilität – nicht gut zu erreichen sind, spricht ja auch nichts gegen entspanntes Autofahren.

Österreichs Emissionen stiegen „erwartungsgemäß“

Bilanz 2021

Im Jahr 2021 emittierte Österreich um 3,6 Millionen Tonnen CO2 mehr als im Jahr zuvor, insgesamt 77,5 Millionen Tonnen. Damit hat sich auch der Pandemieeffekt verflüchtigt. Prognosen zufolge gibt es dennoch Grund zu Optimismus: Für 2022 geht das Umweltbundesamt von einem deutlichen Emissions-Rückgang von fünf Prozent gegenüber 2021 aus.

https://orf.at/stories/3302361/

Schlimme Folgen des Meeresspiegelanstiegs kommen früher als erwartet

Neue Satellitendaten

Bis vor kurzem dachte man, das erst ein mehrere Meter hoher Anstieg des Meeres grobe Probleme für die weltweiten Küstenzonen verursacht. Wie eine niederländische Studie nun zeigt, wird bereits bei einer Erhöhung des Meeresspiegels um zwei Meter mehr als doppelt so viel Landfläche überflutet wie bisher gedacht.

Grund für diese Änderung in den Modellen sind neue, genauere Satellitendaten. Sie zeigen, dass viele Küstenregionen tiefer liegen als angenommen. Demnach würde beispielsweise Bangkok mit seinen zehn Millionen Einwohner:innen entgegen früheren Annahmen bei einem Meeresspiegelanstieg von zwei Metern zum Großteil im Wasser versinken. Insgesamt wird bei diesem Szenario der Lebensraum von 240 Millionen Menschen weltweit überflutet.

Aktive CO2-Entnahme aus Atmosphäre notwendig

Mehr Kohlenstoff-Abscheidung und -Speicherung

Aufforstung ist bisher das häufigste Mittel, um CO2 wieder aus der Luft zu entfernen. Diese konventionelle Methode der Kohlendioxidreduktion wird aber zum Erreichen des 1,5 Grad -Ziels nicht reichen, so ein neuer Bericht von Klimaforscher:innen. Dazu brauche es auch industrielle Methoden der Kohlenstoff-Entnahme und -Speicherung. Laut Analyse müssten wir, abgesehen von einer drastischen Emissions-Reduktion, allein bis 2030 30mal so viel CO2 entnehmen wie bisher.

https://science.orf.at/stories/3217193/

Jugend-Delegierte für COP28 und COP29 gesucht

Die CliMates Austria suchen zwei neue Jugend-Delegierte zwischen 18 und 26 für die nächsten zwei UN-Klimakonferenzen. Wer für nationale und internationale Klimapolitik brennt, kann sich hier bis zum 9. Februar 2023 bewerben. Als Jugenddelegierte:r nimmst du gemeinsam mit der österreichischen Delegation an der COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Dezember 2023, und an der COP29 im November 2024 in Tschechien teil. Ziel ist, vor Ort die Stimme der Jugend zu vertreten und die Geschehnisse kritisch zu verfolgen, wie climatesaustria.org schreibt. Das Programm ist zweijährig (!) und wird vom Klimaministerium vollständig finanziert. Gutes Basiswissen bei Klimaschutz und/oder Klimapolitik ist erwünscht

Instagram: https://bit.ly/3IW1s3J

Twitter: https://bit.ly/3XnatHi

LinkedIn: https://bit.ly/3CVxFEa

Kurz gemeldet

Europa leidet schon seit 2018 unter einer anhaltenden Dürre. Dies belegen Satellitendaten, die von der TU Graz ausgewertet wurden. Trotz Überflutungen und anderer Extremwetterereignisse ist der Grundwasserspiegel europaweit seit 5 Jahren problematisch niedrig.

https://www.tugraz.at/tu-graz/services/news-stories/tu-graz-news/einzelansicht/article/satellitendaten-belegen-anhaltend-schwere-duerre-in-europa

Die Klimaerwärmung verändert auch die Insektenwelt. Wie eine österreichische Studie zeigt, ist ein Viertel aller Arten in den letzten 30 Jahren durch neue Arten ersetzt worden. Entgegen früheren Untersuchungen schrumpfte aber die Gesamtanzahl von Insektenpopulationen NICHT.

https://science.orf.at/stories/3217147/

Staub aus Wüstenstürmen und trockenen Landschaften könnte in den letzten Jahren die Erderwärmung gedämpft haben. Das legt einen Analyse von Forscher:innen aus den USA und Europa nahe. Demnach befinden sich 26 Millionen Tonnen Staub in der Atmosphäre, die zum Teil zu einer Beschattung des Planeten führen.

https://orf.at/stories/3301809/

Klimakiller Reichtum

Hörtipp

Stünde allen Menschen auf dem Planeten das gleiche CO2-Budget zur Verfügung, könnte die ärmere Hälfte Chinas ihren Ausstoß sogar noch erhöhen, während ihn jene in den USA drastisch senken müsste. Umweltverschmutzung und klimaschädigendes Verhalten steigen mit dem Reichtum. Die DIMENSIONEN analysieren die sozial ungleiche Lastverteilung in der Klimakrise und diskutieren auch Vorschläge wie eine progressive Besteuerung klimaschädlicher Emissionen.

Klimakiller Reichtum, nachhören im Ö1-Dossier „Nachhaltig Leben“

Schnee adé

Vielleicht haben Sie die letzten Wochen zum Schifahren genutzt. Bedingt durch schulpflichtige Kinder bin ich in den Semesterferien in die Berge gefahren. Schifahren bedeutet einen erheblichen materiellen Aufwand – von der Ausrüstung über die Unterkunft bis hin zu den Liftkarten. Gleichwohl steht Österreich international für beschneite Berge und medaillenträchtige Spitzen-Schiläufer. Und vor allem: Schifahren macht Spaß. Auch weil die Bergkulissen trotz aller Unkenrufe über „künstliche“ Schipisten uns doch das Gefühl vermitteln, in der Natur und in der frischen Luft zu sein.

Das schätzen auch die Millionen Winter-TouristInnen, die Österreich in Vorpandemiezeiten mehr als 70 Millionen Nächtigungen brachten.

Das winterliche Szenario könnte sich bis Ende des Jahrhunderts aber fundamental ändern, wie eine Studie unter der Leitung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigt. Schon jetzt haben die Schneetage seit 1961 quer über alle Höhenlagen um 40 Tage abgenommen.

Machen wir ohne Klimaschutzmaßnahmen weiter, geht der Schnee bis 2100 drastisch zurück. In Lagen unter 400 Meter Seehöhe wird es dann nur mehr zwei Schneetage pro Jahr geben, in Höhen um 1000 Meter sind dreißig Schneetage zu erwarten (minus 75 Prozent), zwischen 1500 und 2500 Meter nimmt die Schneebedeckung um 25 Prozent ab.

Begrenzen wir die Erderwärmung auf das Pariser Ziel von plus 2 Grad bis Ende des Jahrhunderts, schneit es zwar ebenfalls seltener in Österreich, aber der Rückgang wäre weitaus weniger dramatisch: Die tiefen Lagen hätten dann immer noch acht Schneetage pro Jahr, in Höhen um 1000 Meter wären 60 Tage mit Schnee zu erwarten – und damit doppelt so viele wie ohne Klimaschutz. In den für den Wintersport zentralen Höhen ist bei Einhaltung des 2-Grad-Ziels mit 190 Schneetagen zu rechnen – und damit mit einer vergleichsweise kleinen Einbuße von 10 Prozent.

Um den vielen Zahlen etwas an ihrer verwirrenden Kraft zu nehmen, haben die AutorInnen der sog. FUsE-AT-Studie ihre Ergebnisse in eine interaktive Grafik gepackt. Damit lässt sich anschaulich nachvollziehen, wie sich der Schnee -abhängig von unserem Klimaengagement mehr oder weniger zurückzieht. Und wie damit auch die Brettln, mit denen viele von uns noch immer gerne in der frostigen Jahreszeit zu Tal gleiten, obsolet oder zu einem noch teureren Luxus-Accessoire werden.

Was nicht als Schnee auf den Bergen bleibt, rinnt ins Meer und lässt es steigen – dazu mehr am Beginn des Newsletters.

Übrigens ist der Kohlendioxidgehalt in der Luft in dieser Woche auf einen neuen Rekordwert gestiegen, auf 421ppm (parts per million) laut Wissenschaft der höchste Stand seit Millionen von Jahren.

30 Zentimeter Meeresspiegel-Anstieg

NASA-Prognose bis 2050

Zwischen 2006 und 2018 hob sich der Meeresspiegel um 3,7 Millimeter pro Jahr – und damit dreimal so schnell wie in den 35 Jahren zuvor. Bis 2050 könnte das Wasser an den US-Küsten um rund 30 Zentimeter steigen, wie Untersuchungen der NASA und der amerikanischen Umweltbehörde NOAA nahelegen. Zu den anwachsenden Wassermassen in den Meeren trägt nicht nur die Gletscherschmelze bei (derzeit sind rund 60 Prozent des Süßwassers allein im antarktischen Eisschild gespeichert). Das Wasser dehnt sich durch die steigenden Temperaturen zusätzlich aus.  

https://science.orf.at/stories/3211495/

Armutsbekämpfung

Nachhaltigkeitsziele sind nicht klimaschädlich

Immer wieder wird behauptet, die Bekämpfung von Armut würde zu einer Belastung des Klimas führen. Eine Studie unter österreichischer Beteiligung widerlegt diese Hypothese. Wenn eine Milliarde Menschen zusätzlich zumindest 1,7 Euro pro Tag verdient und damit die Armutsschwelle überschreitet, erhöhen sich die globalen Emissionen nur um 1,6 bis 2,1 Prozent. Das liegt nicht zuletzt an der großen Kluft zwischen den armen und reichen Ländern. Während in den USA pro Kopf derzeit rund 14,5 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ausgestoßen werden und in Österreich 7,5 Tonnen, sind es in Indien, Süd- und Südostasien um die 1,2 Tonnen und im südlichen Afrika gar nur 0,6 Tonnen.

Betrachtet man nur das reichste Prozent der Weltbevölkerung, liegt die Pro-Kopf-Emission bei 40 Tonnen. Der Emissionsanstieg durch mehr Wohlstand bei den Ärmsten würde deshalb das globale Treibhausgas-Budget kaum belasten.

https://science.orf.at/stories/3211457/

100.000 Quadratkilometer der Erde für Bergbau

Artenvielfalt

Der Bergbau bedeckt global mehr Fläche als Österreich. Das hat Victor Maus von der Wirtschaftsuniversität Wien anhand von Satellitenbildern herausgefunden. „Gebiete mit hohem Wert für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Klimastabilität sind am stärksten betroffen“, so Maus in einer Aussendung. Das betrifft immerhin 29 Prozent der weltweiten Bergbaugebiete. Viele der betroffenen Regionen sind darüber hinaus wertvolle Kohlenstoffspeicher. So habe sich der Bergbau in tropischen Regenwäldern seit der Jahrtausendwende sogar verdoppelt.

https://science.orf.at/stories/3211484/

Tipp:

Klimakrise anschaulich

Klimadashboard.at

Sich vorzustellen, was die Klimakrise mit unserer Gesellschaft macht, ist mitunter sehr schwierig. Deshalb haben drei junge Wissenschafter das Klimadashboard entwickelt. Es zeigt zum Beispiel, wie sich die CO2-Emissionen in Österreich seit 1850 entwickelt haben. So haben wir um 1910 herum bereits 60 Millionen Tonnen Kohlendioxid emittiert – heute sind es rund 80 Millionen Tonnen pro Jahr.Johannes Stangl, Adrian Hiss und David Jablonski vereinen im Klimadashboard Daten aus verschiedensten Quellen und erlauben Vergleiche mit anderen Ländern.

Klimadashboard

Kurz gemeldet

Der Westen der USA erlebt die schlimmste Dürreperiode seit 500 Jahren. Die Wissenschaft macht die stetig steigenden Temperaturen dafür verantwortlich. https://oe1.orf.at/player/20220216/668959

Von der Straße auf die Schiene

Internationaler Güterverkehr ohne LKW

Hörtipp

Der Transport ist für 10% der klimarelevanten Emissionen verantwortlich, und die wiederum kommen zu 99% von der Straße, so Clemens Först von der ÖBB Rail Cargo Group. Deshalb sei die Klimawende ohne einen relevanten Beitrag des Transportsektors nicht möglich – weg von der dieselgetriebenen Straße, hin zur Schiene. Die ÖBB hat sich darüber hinaus zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu sein, 10 Jahre früher als Österreich, 20 Jahre früher als die EU.

Der Transport-Trend ist allerdings gegenläufig. In Österreich stieg die Güter-Beförderung auf der Straße in den letzten 10 Jahren doppelt so stark wie auf der Schiene. Das liegt nicht zuletzt an der unfairen Kostenverteilung. Beim Straßen-Güterverkehr zahlt die Gesellschaft noch einmal die Hälfte drauf – hier werden Kosten also auf uns alle abgewälzt. Bei der Schiene sind diese externen Kosten hingegen vernachlässigbar. Es braucht daher mehr als einen allgemeinen Kulturwandel, um der Bahn zu gerechten Chancen zu verhelfen.

Wie man mehr Verkehr auf die Schiene bringen könnte, das hat das RADIOKOLLEG von Sabine Nikolay in dieser Woche dokumentiert.

http://oe1.orf.at/dossierklima