Autor: Franz Zeller

Hitze und Schatten

Manchmal gebiert die Verzweiflung wahrlich monströse Ideen. Eine möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Bekanntermaßen erwärmen sich die Polarregionen weitaus schneller als der Rest der Erde. Die Antarktis war heuer im März um 35 Grad wärmer als sonst üblich, auch wenn minus 18 Grad noch lange nicht beschaulich klingen. Ein Team hat deshalb überlegt, wie man diese Erwärmung samt dem Abschmelzen riesiger Eismassen wie der Westantarktis oder Grönlands stoppen könnte. Das Ergebnis: Man versprüht jenseits der 60. Breitengrade Schwefeldioxid in 13km Höhe. Nach einer chemischen Umwandlung wirkt dieses Geoengineering wie ein riesiger Sonnenschirm. Dazu sind allerdings 175.000 Flüge jährlich nötig, mit Flugzeugen, die noch nicht existieren. Die großen Flieger würden dann halbjährlich zwischen den Polregionen wechseln. 125 Stück der neuen Tankflugzeuge müsste man für das Projekt bauen.

Die Idee ist auch nach Meinung seiner Erfinder:innen sehr hypothetisch und ein absolutes Notfallprojekt für die Schublade, so heise. Es dokumentiert aber auch eine zunehmende Fassungslosigkeit über die Tatsache, dass zu wenig unternommen wird, um die Erhitzung des Planeten zu stoppen.

Viele wähnen die planetare Fieberkurve noch in der Zukunft. Florida spürt sie hingegen schon unmittelbar in der Geldtasche. Dort hat der Hurrikan „Ian“ enorme Verwüstungen angerichtet. Und die Erderhitzung spielt auch hier mit: sie erhöht die Wahrscheinlichkeit derartiger Sturmereignisse. Die Schäden durch „Ian“ werden auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. Wie orf.at schreibt, ziehen sich viele Versicherer aus Hochrisikoregionen wie dem Süden Floridas zurück und wollen Liegenschaften dort nicht mehr versichern. Gleichzeitig wurden bereits 400.000 Versicherungsnehmern gekündigt, die kaum eine Chance haben, Ersatz zu finden.

Auch wenn einige der Probleme ihre Ursachen außerhalb der Klimakrise haben, zeigt sich doch, wie schnell die Folgen der steigenden Temperaturen an uns heranrücken. Oder, wie es der Meteorologe Andreas Jäger ausdrückt: „Die Klimakrise steht nicht vor der Haustür, sie sitzt schon mitten in unserem Wohnzimmer.“

Milliardenprogramm für klimafreundliche Industrie

Klimaschutz

Mit 5,7 Milliarden Euro wird Österreich Industriebetriebe bei der Umstellung auf eine energieneutrale und klimafreundliche Produktion unterstützten. Das haben Vizekanzler Werner Kogler, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler diese Woche zugesichert. Die Gelder fließen bis 2030. Der Großteil dient zur Transformation der Industrie, ein Teil unterstützt aber auch Energieeffizienz- und Umweltmaßnahmen.

Klimaförderprogramm: 5,7 Milliarden Euro für die Industrie | Ö1 Mittagsjournal, 11.10. | Ö1 | ORF-Radiothek

Hitzewellen werden einige Gebiete der Erde unbewohnbar machen

Klimakrise

Wenn der Klimawandel so weiter geht wie bisher, werden die Sahelzone, Regionen rund um das Horn von Afrika und Teile Süd- und Südwestasiens unbewohnbar werden, weil sie „die physikalischen und sozialen Grenzen des Menschen überschreiten“. Davor warnten UNO und Rotes Kreuz diese Woche in Genf.

Die Wissenschaft prognostiziert, dass die Zahl der Toten durch extreme Hitze bis Ende des Jahrhunderts ebenso so hoch sein werde wie die der Krebstoten.

Hitzewellen werden ganze Regionen unbewohnbar machen – news.ORF.at

Extreme Dürre alle 20 Jahre

Europa

Die Hitze verschont auch Europa nicht. In West- und Mitteleuropa sind Dürren wie jene im heurigen Sommer drei bis viermal wahrscheinlicher geworden. Nach Daten der Initiative World Weather Attribution muss Europa zum jetzigen Stand der Erderhitzung alle 20 Jahre mit einer derartigen Trockenheit rechnen. Da aber kein Stopp des Temperaturanstiegs in Sicht ist, werden Dürren noch weitaus häufiger werden.

https://science.orf.at/stories/3215463/

Bebauung und Versiegelung haben großen Einfluss auf Stadttemperaturen

Landnutzung

Wandelt man Acker- in Industriefläche um, führt dies zu einem durchschnittlichen Anstieg von 12 Sommertagen, also Tagen mit einer Temperatur über 25 Grad. Diese Daten liefert das Projekt Lucretia der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ZAMG. Dahinter steckt die einfache Gleichung, dass dicht bebaute Bereiche wärmer sind, kühle Stadtteile hingegen viel Wasser- und Grünflächen besitzen. Insofern wäre die Hitzebelastung in der Stadt durch Planung gut steuerbar. „Grob gesagt können massive Änderungen der Bebauung die Zahl der Sommertage um ungefähr 20 bis 80 Prozent erhöhen oder senken,“ so die Stadtklima-Expertin Maja Zuvela-Aloise.

https://science.orf.at/stories/3215503/

Wildtierbestände sinken drastisch

Artensterben

Bei mehr als 31.000 wildlebenden Wildtierpopulationen sind die Bestände im Zeitraum von 50 Jahren im Schnitt um 69 Prozent gesunken. Das zeigt der Living Planet Report 2022 auf. Die Autor:innen haben dafür 5.200 Wildtierarten – von Säugetieren über Fische bis zu Reptilien – ausgewertet.

Wie auch der jüngste IPCC-Bericht betont hat, schützt ein gesundes Ökosystem auch vor vielen Folgen des Klimawandels. Umgekehrt heizt der Verlust an biologischer Vielfalt die Klimakrise noch an.

https://science.orf.at/stories/3215535/

Kurz gemeldet

Vom Aussterben bedroht sind auch die Schwebfliegen. Etwa ein Drittel der 890 Arten gilt als sehr gefährdet.  Schwebfliegen sind sowohl als Bestäuber sehr wichtig, sie kontrollieren aber auch landwirtschaftliche Schädlinge wie Blattläuse.

Bestäuber: Schwebfliegen vom Aussterben bedroht – science.ORF.at

Tipp:

Am 15. Oktober ist „International Repair Day“. In Österreich gibt es etwa 150 Reparaturinitiativen, die sich dem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen verschrieben haben. Oft ist bei Geräten wie Kaffeemaschinen oder Haartrocknern nur ein einfacher und billiger Bauteil zu ersetzen, um sie wieder funktionstüchtig zu machen. Das passiert etwa in Repair Cafés quer durch das Land. Viele Initiativen suchen noch freiwillige Helfer:innen.

Reparatur-Cafés und Initiativen – Repanet

Krisen nicht gegeneinander ausspielen

Mit dem ersten Oktober sind die Spritpreise um durchschnittlich 8 Cent pro Liter gestiegen. Seit Monatsbeginn hat der Kohlendioxidausstoß in Österreich – auch abseits des Emissionshandels für große Betriebe – einen Preis, nämlich 30 Euro pro Tonne. Bedenkt man, dass wir vor kurzem noch deutlich mehr als zwei Euro für Treibstoffe bezahlt haben, wirkt diese Erhöhung nachgerade verschwindend klein. Dennoch wurde die Einführung der CO2-Steuer aufgrund der Teuerung und der Energiekrise um drei Monate verschoben. Und auch wegen des Oktobertermins gab es eine Reihe von Protesten. Angesichts der vielen Krisen solle man die „Klimasteuer“ hintanstellen, so vielfach die Begründung.

Für viele Lobby-Gruppen ist das Ausspielen der Krisen gegeneinander ein beliebter rhetorischer Kunstgriff. Die Priorisierung der einen Krise gegenüber einer anderen dient vielleicht Partikularinteressen, geht jedoch völlig an allen intelligenten Lösungsansätzen vorbei. Biodiversitätskrise, Energie- und Klimakrise sind miteinander verwoben. Wir können sie nur systemisch und miteinander lösen, nicht eine nach der anderen. Krisen-Auslöser ist in allen Fällen die übermäßige Ausbeutung der Natur und das Abfackeln des Planeten mit fossilen Energieträgern. Es gebe weder Zeit noch Ressourcen dafür, die Krisen nacheinander zu lösen, meinte etwa der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck auf einem G7-Gipfel.

Dem Faktum, dass die Ukraine-Krise die Welternährung gefährdet, steht auf der anderen Seite die Tatsache entgegen, dass 30 Prozent der Lebensmittel weggeworfen werden und jedes zweite Getreidekorn im Futtertrog landet, um ineffizient in Fleisch verwandelt zu werden. Dieser Widerspruch ist durchaus lösbar, ohne Einbußen in der Lebensqualität und sogar mit finanziellen Vorteilen für alle.

Natur- und Klimaschutz müssen integraler Bestandteil aller Wertschöpfungsketten werden. Und das geht nur, wenn wir Krisen nicht gegeneinander ausspielen.

Städte erhitzen sich schneller als ländliche Gebiete

Erderhitzung

Städte erwärmen sich fast um ein Drittel stärker als das Umland. Das zeigt die Auswertung der Oberflächentemperaturen von rund 2.000 Städten im Zeitraum 2001 bis 2019. Mehr Grün in der Stadt kann den Temperaturanstieg allerdings mildern.

Im weltweiten Schnitt steigt die Tagestemperatur in Städten um 0,56 Grad pro Jahrzehnt, am Land nur um 0,4 Grad. Wobei es in Städten umso heißer wird, je stärker sie verdichtet sind, was vor allem in asiatischen Metropolen zunehmend zum Problem wird. So liegt dort der Temperaturanstieg über 10 Jahre bei 0,71 Grad.

Temperaturanstieg in Städten größer als auf dem Land – news.ORF.at

Australien will Artensterben stoppen

Maßnahmenplan für Biodiversität

Mit einem Aktionsplan möchte die australische Regierung seine Flora und Fauna besser schützen. Im Zentrum der Schutzbestrebungen stehen 20 Regionen und 110 Arten. Dazu zählen etwa Koalas und Wombats, Opossums oder der Rotschwanz-Rabenkakadu samt 30 Pflanzenarten. Australien sei der weltweite Spitzenreiter beim Aussterben von Säugetieren, so die australische Umweltministerin.

Australien will Artensterben stoppen – news.ORF.at

Kurz gemeldet

Ein Achtel aller Vogelarten weltweit ist vom Aussterben bedroht. Das zeigt Birdlife in seinem alle vier Jahre erscheinenden Bericht „State of the World’s Birds“. Bei fast der Hälfte aller Vogelarten geht der Bestand demnach zurück.

Bericht: Eine von acht Vogelarten vom Aussterben bedroht – science.ORF.at

Grönland hat heuer den wärmsten September seit 1979 erlebt. Im langjährigen Schnitt war es in diesem Monat um mehr als acht Grad wärmer als üblich.

Grönland: Temperaturspitzen im September – news.ORF.at

Hörtipps

Hochgebirge im Klimawandel

Schon seit Jahren taut der Gipfel des Sonnblick auf. Das Gestein musste teuer stabilisiert werden. Erst im Juli stürzte ein Teil der Südtiroler Marmolata auf Wanderer. Das sind die sichtbaren Zeichen des Klimawandels im Hochgebirge. Vieles passiert langsamer und unmerklich, wie die DIMENSIONEN dokumentiert haben.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/klima

Klimainnovation: Bildung, Wirtschaft, Wohnen, Soziales

Manchmal braucht es nur wenig, um Nachbarschaften, Grätzel oder Gemeinden lebenswerter zu machen: eine gemeinsame Begrünung kann ebenso dazu beitragen wie Outdoor-Möbel, die auch jene nutzen können, die keinen eigenen Balkon haben. In den Bundesländern wiederum schließen sich Menschen zu Energiegemeinschaften zusammen oder gründen eine soziale Landwirtschaft.

Das RADIOKOLLEG präsentiert diese Woche klimainnovative Projekte aus den verschiedensten Lebensbereichen – von Bildung bis Soziales. Sie entstanden als zivilgesellschaftliche Initiativen und wurden für das Ö1-Projekt „Reparatur der Zukunft“ eingereicht.

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/soziales

Weiter wie bisher oder radikale Wende

Wie versprochen, setze ich heute mit den Szenarien fort, die der Club of Rome im neuesten Bericht „Earth for All“ für unser Leben in den kommenden Jahrzehnten zeichnet. Dafür hat das Forschungsteam sein Simulationsmodell World3, das schon bei „Die Grenzen des Wachstums“ zum Einsatz kam, mit bekannten Daten aus der Vergangenheit gefüttert und die Treffsicherheit der Resultate überprüft.

Die Genauigkeit der Vorhersagen war erschreckend. „Diese weitgehende Übereinstimmung zwischen Modell und Realität sollte bei uns die Alarmglocken läuten lassen“, wie es im Bericht heißt. Einzelne Szenarien deuten sogar auf einen Kollaps im 21. Jahrhundert hin, etwa BAU (business as usual), wenn wir nichts ändern.

Die Autor:innen des „Survivalguide für unseren Planeten“ beschränken sich aber auf zwei andere Pfade, die unsere Gesellschaft wählen kann: too little too late, also halbherzige Änderungen unserer Ökonomie, oder ein Riesenschritt (giant leap).

Too little too late beschreibt „den gegenwärtigen Kurs, bei dem Gesellschaften große Reden über Nachhaltigkeit schwingen, sich tatsächlich aber nur irgendwie durchlavieren“. Hier schwindet das soziale Vertrauen, und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich zerreißt die Gesellschaft. Der non-kollaborative Kampf um den eigenen Vorteil ruiniert die Natur und ihre lebenserhaltenden Systeme.

Die Simulation zeigt bis 2050 ein verlangsamtes Wachstum von Bevölkerung und Weltwirtschaft, eine geringere Erwerbsquote samt schwindendem Vertrauen in die Regierungen, sowie einen massiven Verlust von Flora und Fauna, gepaart mit einer „anhaltenden Armut im Süden und einer destabilisierenden Ungleichheit im Norden“. Gleichwohl hat sich einiges bis 2050 zum Besseren verändert. In Asien werden Kohlekraftwerke geschlossen, Wind- und Sonnenenergie ausgebaut. Aber die Temperaturen steigen trotz sinkender CO2-Emissionen noch immer. Zonen, „in denen die Außentemperatur das für Menschen erträgliche Maß bei Weitem übersteigt“, werden mehr.

Vor allem wegen der Fleischproduktion ist der Agrarsektor „nach wie vor hauptverantwortlich für Treibhausgasemissionen und für den Verlust der Biodiversität“.

Zudem prognostiziert der Bericht in diesem Szenario eine Zunahme von Klimamigration und globalen Pandemien. „All dies befördert den Aufstieg von Populisten und autokratischen Führern, die eine stabile Regierungsführung und die Werte der Demokratie zu unterminieren drohen.“

Das kommt einem auch im Krisen-Jahr 2022 bekannt vor.

Giant Leap hingegen bedeutet eine völlige Neuausrichtung unseres Zusammenlebens, in dem Ungleichheit reduziert und das Energiesystem und der Umgang mit Ressourcen auf völlig neue Beine gestellt und dekarbonisiert wird. Dem zugrunde liegt die Erfahrung, dass „gerechte Gesellschaften besser funktionieren als ungerechte.“ Deshalb propagiert „Earth for All“ eine „Wohlergehensökonomie“, in der „den reichsten 10 Prozent nicht mehr als 40 Prozent des jeweiligen Nationaleinkommens zusteht.“ (Zum Vergleich: In Österreich besitzt 1 Prozent der Bevölkerung rund 40 Prozent des Vermögens).

Wohlstand für alle entsteht durch die Bewirtschaftung der globalen Gemeingüter. Private Investoren können also die Natur nicht mehr nach Lust und Laune ausbeuten und monetarisieren, weil sie im Besitz aller ist. Die Nutzung von Ressourcen fließt in Bürgerfonds, die wiederum das Bildungs- und Gesundheitswesen oder ein Grundeinkommen finanzieren. 

Die reichsten Länder sind in giant leap bis 2050 völlig emissionsfrei, China und Indien bis 2060.

Die Ausweitung landwirtschaftlich genutzter Flächen wird schon 2030 gestoppt (dazu weiter unten eine aktuelle Studie).

Durch die globale Ausweitung des Wohlstands leben 2050 neun Milliarden Menschen auf dem Planeten, eine Milliarde weniger als im too little too late-Szenario.

Zur Veranschaulichung verfolgt der „Überlebensratgeber“ die fiktiven Lebensgeschichten von vier Frauen aus reichen wie armen Weltgegenden, von Los Angeles bis Dhaka (in Bangladesch), und zwar über das Jahr 2050 hinaus. Egal ob begütert oder in den Slums aufgewachsen: ihr Lebensglück, ihre Gesundheit und Bildung oder ihre Lebenschancen werden von too little too late ebenso massiv beeinflusst wie von giant leap.

Wenn Sie wissen wollen, wie die 2020 geborenen Frauen dieses Jahrhundert durchleben, je nachdem, wie unsere Gesellschaften sich entscheiden, dann sei Ihnen „Earth for All“ ans Herz gelegt.

Ihr

Franz Zeller

„Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten.“ Oekom Verlag 2022.

Natur-Gesetz

PIK fordert „Carbon Law for Nature”

Der Landsektor, inklusive Land- und Forstwirtschaft, emittiert derzeit jährlich 12 Milliarden Tonnen Treibhausgase. Eine Veränderung der Landnutzung ist deshalb unerlässlich, wenn wir die Erderhitzung bei 1,5 Grad eindämmen wollen. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK hat berechnet, dass die Emissionen aus dem Sektor dafür bis 2030 auf netto-null sinken müssen. Laut dem berechneten „Carbon Law for Nature“ soll die Landnutzung bis 2050 zu einer Kohlenstoffsenke werden und dann 10 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen.

“Selbst wenn Energie und Industrie ihre Klimaschutzziele erreichen, werden wir ohne dringende Maßnahmen im Landsektor nicht in der Lage sein, die Erwärmung zu begrenzen“, sagt Johan Rockström, Direktor des PIK.

Im nächsten Jahrzehnt hängen 80% des Klimaschutzpotentials im Landsektor davon ab, ob es gelingt, Landwirtschaft und Ernährung umzugestalten bzw. die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

Die Natur als Schlüssel für eine klimasichere Zukunft: Neue Exponential Roadmap-Initiative für natürliche Klimalösungen — Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (pik-potsdam.de)

Fleisch

Lebensmittel- und Klimakrise

Würden wir weniger Fleisch essen, könnte der Planet eine Milliarde mehr Menschen ernähren. Wie eine Studie der finnischen Universität Aalto zeigt, verbraucht die Nutztierhaltung derzeit ein Drittel der weltweiten Getreideproduktion, ein Viertel des gefangenen Fisches und große Mengen Pflanzenöle und Hülsenfrüchte.

Dabei gäbe es selbst für die Fleischerzeugung eine Menge ungenutzter Ressourcen, etwa Zuckerrübenschnitzel, Getreidekleie, Treber oder Ernterückstände wie Samen und Schalen. Fischmehl könnte statt aus dem gesamten Fisch aus Fischnebenprodukten kommen.

Das Forschungsteam räumt aber ein, dass unter einer Aufwertung dieser Nebenprodukte auch die Qualität des Futters und die Produktivität leiden könnte. Gleichzeitig sinken der Treibhausgasausstoß und der Düngemittelbedarf, so die Studie.

Lebensmittelkrise: Umverteilung könnte eine Milliarde ernähren – science.ORF.at

Kurz gemeldet:

Noch nie seit Aufzeichnungsbeginn sind die Alpengletscher so schnell geschmolzen wie im Sommer 2022, dem viertwärmsten Sommer der Messgeschichte. Das zeigen Daten aus Österreich und der Schweiz.

Klimaerwärmung: Alpengletscher schmelzen in Rekordtempo – science.ORF.at

Wie Kollege Daniel Schrott dokumentiert hat, liegt der Neusiedlersee noch immer 51cm unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Differenz entspricht 160 Millionen Kubikmeter Wasser.

https://twitter.com/DanielSchrott/status/1572676780225630208?s=20&t=nubv1_MkiJs5I1NCoPBc8w

Durch die Trockenheit im Frühjahr und Sommer wurden heuer 20 Prozent weniger Getreide geerntet. Besonders betroffen sind Weizen, Mais und Gerste, aber auch Sojabohnen und Zuckerrüben haben unter dem Wassermangel gelitten.

Klimaerwärmung: Trockenheit verringert Ernte – science.ORF.at

Die Klimakrise ist eine soziale Krise

Ich lasse mich gern überraschen. Manchmal sind Überraschungen aber auch ernüchternd. Jüngst kam ich im Freundeskreis via visualcapitalistmit einer Karte in Berührung, die für alle Länder das Überflutungsrisiko ausweist. Österreich ist nach den Niederlanden das meistgefährdete Land in Europa. Es liegt, was das Überschwemmungs-Risiko betrifft, auf Platz 18 weltweit. Ist es in den Niederlanden der steigende Meeresspiegel, kommen die Fluten in Österreich potentiell von den Flüssen.

Global gesehen liegen die Länder mit den meisten Betroffenen in Asien. So sind allein in China 395 Millionen durch Hochwässer gefährdet, in Indien 390 Millionen. In Vietnam und Bangladesch ist die absolute Zahl der Gefährdeten kleiner, dafür lebt aber ein großer Teil der Bevölkerung in gefährdeten Regionen (Vietnam 46%, Bangladesch 58%). Wie stark die Verbindung zwischen der Klimakrise und den massiven Überschwemmungen in Pakistan ist, hat gerade erst eine Berechnung des Netzwerks World Weather Attribution gezeigt.

Die Karte auf visualcapitalist beruht auf einer Nature-Studie, deren Autor:innen mehrfach auf den Zusammenhang zwischen Überschwemmungsrisiko und Armut hinweisen.

Und genau diesem Zusammenhang zwischen ökonomischer Stellung und Klimakrise widmet sich auch der neue Club of Rome-Bericht, den ich an dieser Stelle schon angesprochen habe.

„Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten“ verlangt fünf „außerordentliche Kehrtwenden“, um der Klimakrise zu begegnen:

  • die Beendigung der Armut
  • die Beseitigung der eklatanten Ungleichheit
  • Empowerment der Frauen
  • den Aufbau eines für Menschen und Ökosysteme gesunden Nahrungsmittelsystems
  • den Übergang zum Einsatz sauberer Energie

So radikal die Ideen klingen mögen: sie haben nichts Umstürzlerisches und lassen sich innerhalb des existierenden Wirtschaftssystems verwirklichen. Die Autor:innen verweisen explizit auf die Notwendigkeit, dass die Lösungen für die globale Mittelschicht „akzeptabel, fair und erschwinglich sein müssen“, um nicht auf heftigen Widerstand zu stoßen. So dürfe die bereits eingeleitete Energiewende auch nicht historische Ungerechtigkeiten perpetuieren, weil sie dadurch die Kluft zwischen Arm und Reich nur noch größer machen und Gesellschaften weiter destabilisieren würde.

Der Aufwand für das neue Miteinander ist nach den Berechnungen des Thinktanks gering: Nur 2-4 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts müssten für eine resilientere Zivilisation und eine nachhaltige Energie- und Nahrungsversorgung aufgewendet werden. Der Markt allein wird diesen Übergang allerdings nicht bewerkstelligen, wie es im Buch heißt. Stattdessen brauche es aktivere Regierungen als bisher.

Und die werden auch die destabilisierende Kluft zwischen Arm und Reich schließen müssen, denn: „Die Umverteilung des Wohlstands ist nicht verhandelbar. Langfristige wirtschaftliche Ungleichheit in Verbindung mit kurzfristigen Wirtschaftskrisen … trägt zu wirtschaftlicher Angst, Misstrauen und politischer Dysfunktion bei.“ Und so sollen nach Meinung des Club of Rome auf die reichsten 10 Prozent der Welt nicht mehr als 40 Prozent des Nationaleinkommens entfallen, auch weil eklatante Ungleichheiten und die damit verbundene ökonomische Machtkonzentration nicht zu langfristigen, nachhaltigen Entscheidungen führen, sondern im Gegenteil die Demokratie gefährden.

Die radikale Kehrtwende müsse allerdings bis 2050 geschehen. Und um niemanden zurückzulassen, schlagen die Autor:innen (zum Club of Rome gehören u.a. Maja Göpel oder Hans J. Schellnhuber) einen Bürgerfonds vor, der die Bevölkerungen „vor unvermeidlichen wirtschaftlichen Disruptionen“ schützt. Gespeist wird dieser Fond u.a. aus dem Privatsektor, der für die Nutzung nationaler und globaler Gemeingüter bezahlen muss – „für die Entnahme von Ressourcen, die unter dem gemeinsamen Schutz aller in der Gesellschaft stehen. Hierzu zählen fossile Brennstoffe, Land, Süßwasser, die Meere, die Mineralien, die Atmosphäre, aber auch Daten und Wissen.“ Die Einnahmen aus dem Bürgerfonds werden gleichmäßig an die Bürger:innen ausgeschüttet.

Im Grunde greift der Club of Rome bei diesen ökonomischen Vorschlägen auf eine breitere Definition des Gemeinguts zurück. Erst vor einer Woche wurde ich von der Künstlerin Giulia Foscari wieder daran erinnert, die die bedrohte Antarktis als Gemeingut bezeichnete, weil sie für das Wohl des Planeten und der globalen Bevölkerung unerlässlich ist.

„Earth for All“ unterlegt diese Vorschläge mit zwei Klimakrisen-Szenarien: so weitermachen wie bisher (Business as usual) und die radikale Kehrtwende (Giant Leap). Diese Szenarien wurden mit einem Programm simuliert, das schon den „Grenzen des Wachstums“ Daten lieferte und in den vergangenen Jahren weiter optimiert wurde. Welche spektakulären Vorhersagen der Club of Rome auf Basis dieser Simulationen macht, schreibe ich Ihnen nächste Woche.

Ihr

Franz Zeller

„Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten.“ Oekom Verlag 2022.

EU gegen Abholzung

Importverbot für waldschädigende Waren

Palmöl, Soja, Kakao, Kaffee, Fleisch oder Leder sollen in Zukunft nur mehr importiert werden dürfen, wenn dafür keine Wälder abgeholzt oder verbrannt werden. Dafür hat das EU-Parlament in dieser Woche gestimmt. Der Beschluss muss allerdings noch mit den EU-Staaten ausverhandelt werden, die sich ein weniger strenges Importverbot wünschen.

Abholzung ist derzeit für rund 11 Prozent der vom Menschen verursachten Treibhausgase verantwortlich.

Gegen Abholzung: EU-Parlament stimmt für Importverbot – news.ORF.at

Baumsterben

Wälder durch Klimakrise gefährdet

In Mitteleuropa, dem Westen Nordamerikas und dem östlichen Amazonas sind Wälder aufgrund der Fieberkurve des Planeten besonders vom Absterben bedroht. Das zeigt eine interaktive Karte, die in Science veröffentlicht wurde. In den betroffenen Regionen könnten viele Baumarten verschwinden. Damit kann der Wald nicht mehr seine Funktion als Kohlenstoffspeicher erfüllen.  „Aktuell ist im globalen Waldbestand ungefähr genauso viel Kohlenstoff gespeichert, wie in der Atmosphäre. Der Wald nimmt jedes Jahr circa zehn bis zwanzig Prozent der von Menschen verursachten CO2-Emissionen gleich wieder auf“, sagt der Ökologe Rupert Seidl. Nach Aussagen des Forschers der TU München hat sich das Baumsterben allein in Mitteleuropa in den vergangenen 35 Jahren verdoppelt.

Klimarisikokarte: Wo Wälder weltweit besonders gefährdet sind – science.ORF.at

Der Öko-Stups

Hörtipp 1

Längst beschäftigt sich ein eigener Wissenschaftszweig mit der Frage, wie man Menschen dazu bringt, ihr Verhalten zu ändern. Das ist gerade auch in unserem Umgang mit Energie oder Müll notwendig. Beim Abfall hat das „nudging“, also die intelligente Verhaltenslenkung, in Österreich recht gut funktioniert. Beim Glassammeln etwa liegen wir mit 80 Prozent Recyclingquote 10 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Unterwegs sind Menschen in Österreich hingegen sehr nachlässig beim richtigen Entsorgen von Müll, wie die DIMENSIONEN anlässlich des World Cleanup Day am 17. September dokumentieren.

https://oe1.orf.at/player/20220914/691158

Jetzt aber wirklich: Energiesparen!

Hörtipp 2

Verhaltensaufforderungen zum Energiesparen funktionieren. Katastrophenkommunikation scheint hingegen keine gute Wahl, wenn man Menschen die Klimakrise nahebringen will. Die Überzeugten fühlen sich zwar bestätigt, aber die Unsicheren reagieren mit Verdrängung, sagt die Verhaltensökonomin Katharina Gangl. PUNKT EINS hat in dieser Woche beleuchtet, wie Energiesparen gelingen kann und wo gerade in der energieintensiven Heizsaison die größten Hebel liegen.

https://oe1.orf.at/player/20220914/691140

Viel Wasser, wenig Wasser

Dieser Sommer war eine Zeitmaschine. Sie hat uns zwar nur ein paar Jahre in die Zukunft transportiert, aber dabei gezeigt, mit welchen Temperaturen und Dürren wir bald regelmäßig zu rechnen haben. „Der Sommer 2022 ist erneut ein Warnzeichen dafür, dass extremere Sommer bereits zur Regel geworden sind“, meint Peter Hoffmann, Meteorologe am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Sie sind gekennzeichnet durch häufigere Hitzewellen jenseits der 35°C-Marke und anhaltende Phasen ohne flächendeckenden Regen. Stattdessen lokal begrenzter Sturzregen, der Monatsmengen überschreiten kann und dann eher abfließt als versickert. Eine Entwicklung, die sich seit Jahrzehnten immer stärker auch in Messdaten abzeichnet und weit über die Sommermonate hinaus reicht.“

Auch Satellitendaten zeigen deutlich, dass in vielen Teilen Europas weniger Wasser im Boden und im Grundwasser gespeichert ist. Das hat einerseits mit fallenden und unregelmäßiger werdenden Niederschlägen zu tun, andererseits mit der stark steigenden Verdunstung durch höhere Temperaturen.

Und diese Temperaturen fordern direkt wie indirekt Opfer. In Deutschland starben laut einer Helmholtz-Studie zwischen 2018 und 2020 rund 20.000 Menschen an der Hitze, doppelt so viele wie im Straßenverkehr.

Auch Alexander Orlik von der ZAMG bestätigt, dass 2022 den Trend zu immer heißeren Sommern fortsetzt. So waren die Monate Juni, Juli und August um 1,6 Grad wärmer als im Schnitt der Jahre 1991 bis 2020. Vergleich man sie mit dem Mittel der Jahre 1960 bis 1990, weichen die Temperaturen sogar um 3,4 Grad ab.

Spannendes ist vom „Club of Rome“ zu erwarten. In ein paar Tagen erscheint sein Bericht „Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten“. 50 Jahre nach seinem legendären Report „Grenzen des Wachstums“ plädiert der Club of Rome darin für eine radikale Umverteilung des Reichtums, da ansonsten die Klimakrise nicht zu bewältigen sei. So viel kann man zumindest Vorab-Informationen zum Buch entnehmen. Sobald ich die 250 Seiten gelesen habe, werden Sie an dieser Stelle mehr über den „Survivalguide“ und die Verbindung von sozialen und klimatischen Problemen erfahren.

Ihr

Franz Zeller

Bilanz: Hitzesommer bot Blick in die Zukunft – news.ORF.at

Erderhitzung bedroht Trinkwasser

Grundwasser durch Verschmutzung gefährdet

Durch die höheren Temperaturen schwindet das Grundwasser. Zusätzlich gelangt mehr Schmutz aus Bächen und Flüssen in das Grundwasserreservoir. Das berichtet ein deutsch-österreichisches Forscherteam. Bislang speiste das Grundwasser Seen und andere Oberflächengewässer. Weil aber der Grundwasserspiegel weltweit sinkt – u.a. durch überzogene Wasserentnahmen für die Landwirtschaft, fehlt nun der Gegendruck, und es kommt verstärkt Fließwasser in den Untergrund. 

Wie Christian Griebler von der Universität Wien meint, wird dadurch das Grundwasser zunehmend mit Resten von Medikamenten, Haushaltschemikalien, künstlichen Süßstoffen und anderen Schadstoffen angereichert.

Helfen würde etwa, industriell wie privat Wasser zu sparen und damit vor allem in gefährdeten Gebieten im Osten und Südosten Österreichs das Grundwasser zu entlasten. Meteorologen sagen etwa für das Weinviertel, das Burgenland oder die Südsteiermark in Zukunft weniger Niederschläge vorher.

Mehr verschmutztes Flusswasser im Trinkwasser – science.ORF.at

Verschätzt

Meeresspiegelanstieg durch Grönlandeis höher als gedacht

Auch bei den Prognosen für den Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen Grönlands hat der Weltklimarat IPCC zu defensiv geschätzt und muss jetzt nach oben korrigieren. Allein die bisherige Erwärmung wird zu einem Verlust der Eismasse von 3,3 Prozent führen. Das bedeutet voraussichtlich schon bis Ende dieses Jahrhunderts einen um mindestens 27,4 Zentimeter höheren Meeresspiegel. Das zeigt eine Studie in „Nature Climate Change“.

Noch 2021 publizierte das IPCC eine Berechnung, wonach selbst bei einem anhaltend hohen CO2-Ausstoß bis 2100„nur“ mit einem Meeresspiegelanstieg von 18 Zentimetern zu rechnen sei.

Meeresspiegelanstieg durch Grönland-Eis unvermeidlich – science.ORF.at

Kein Fortschritt in österr. Verkehrspolitik

Ernüchternde Studie

In zehn Ländern ist es gelungen, die Emissionen aus dem Verkehr zwischen 1995 und 2018 um bis zu 26 Prozent zu senken. In Österreich stieg der Schadstoff-Ausstoß in diesem Zeitraum sogar noch (via Der Standard).

Welche Faktoren zu einer klimafreundlichen Verkehrswende geführt haben, listet eine in Nature Energy erschienene Studie auf. Demnach verteuerten alle erfolgreichen Länder die Kosten des Autofahrens, indem sie entweder die Treibstoffpreise erhöhten, Maut verlangten und Energie insgesamt verteuerten (z.B. durch CO2-Bepreisung) oder indem sie Anreize schufen, um auf Elektro- bzw. emissionsärmere Autos umzusteigen. Meist war ein Bündel von verkehrspolitischen Maßnahmen für die Emissionsreduktionen verantwortlich.

Weltweit stößt der Verkehr rund ein Viertel der klimaschädlichen Gase aus.

https://www.derstandard.at/story/2000138448665/studie-stellt-oesterreichischer-verkehrspolitik-schlechtes-zeugnis-aus

Kurz gemeldet

Die Temperatur in der Arktis stieg in den vergangen 40 Jahren viermal so schnell wie im globalen Schnitt. Das bedeutet 0,75 Grad mehr pro Jahrzehnt.

Temperatur in Arktis steigt viermal so schnell – science.ORF.at

Würde man Gebäude in Zukunft zu 90% aus Holz bauen, könnte man gegenüber den sehr CO2-intensiven Baustoffen Beton und Stahl bis Ende des Jahrhunderts 106 Gigatonnen Kohlendioxid einsparen. In der Realität wird das aber nur bedingt möglich sein, da man für dieses Extremszenario die Baumkulturen um 3,6 Millionen Hektar pro Jahr ausweiten müsste – im Vergleich zu 2 Millionen Hektar derzeit.

Baumaterial: Weniger Emissionen durch Häuser aus Holz – science.ORF.at

Die Bio-Wein-Bewegung

Hör-Tipp 1

Vor zwei Jahrzehnten wurden Winzerinnen und Winzer noch belächelt, wenn sie Wein biologisch herstellten. Mittlerweile hat sich eine ansehnliche Bio-Wein-Szene etabliert, die auch bei Verkostungen reüssiert, wie das RADIOKOLLEG diese Woche dokumentiert. Studien zufolge werden ökologisch hergestellte Weine im Vergleich zu konventionellen als geschmacklich besser und hochwertiger eingestuft.

Aber auch die Bio-Wein-Szene teilt sich in unterschiedliche Lager: Während man im bio-organischen Landbau auf sehr viel Fachwissen über Pflanzenschutz und Bodenbewirtschaftung setzt, bezieht der bio-dynamische Ansatz auch durchaus umstrittene Theorien wie jene des Anthroposophen Rudolph Steiner mit ein.

https://oe1.orf.at/artikel/696821/Die-Bio-Wein-Bewegung

https://oe1.orf.at/nachhaltigleben/oekologie

100% erneuerbare Energien

Hörtipp 2

Wie wir zur Gänze aus fossilen Energien aussteigen können, wurde lange Zeit gar nicht beforscht. Die DIMENSIONEN haben mit Christian Breyer gesprochen und erfahren, warum diese gesellschaftliche und ökologische Vision jahrzehntelang überhaupt nicht auf der wissenschaftlichen Agenda stand.

https://oe1.orf.at/player/20220901/688379

Wenn der Asphalt kocht

Mittlerweile ist es so gut wie offiziell, dass die Vorhersagen der Klimaforscher:innen nicht richtig waren – aber nicht so, wie wir uns das vielleicht wünschen würden. So gut wie jeder IPCC-Bericht hat unterschätzt, mit welcher Geschwindigkeit sich die Erde erhitzt. Wie in diesem Newsletter schon erwähnt, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 50 Prozent, dass wir die 1,5-Grad-Schwelle der globalen Durchschnittstemperatur schon bis 2026 überschreiten werden, und nicht erst bis 2040. Vor sieben Jahren war dies noch undenkbar, auch in großen Teilen der Wissenschaftsgemeinde.

Umso paradoxer wirkt es, dass sich in dieser Woche quer durch Europa ein Teil der großen CO2-Schleudern, namentlich der Transportsektor, selbst lahmlegte: Da konnten plötzlich Flugzeuge auf dem Londoner Luton-Airport nicht mehr landen, weil in der englischen Hitzewelle mit rund 40 Grad die Oberfläche des Runways schmolz.

In Norditalien wiederum führten Waldbrände in Folge der Dürre zur Sperre von Autobahnen. Und in den Niederlanden musste man Straßen und Brücken mit Streusalz und Wasser kühlen, damit sie nicht wegfließen.

Dürren werden in Zukunft zum europäischen Wettergeschehen gehören. Rund die Hälfte des Kontinents leidet schon derzeit an Trockenheit. Länder wie Spanien, Portugal, Frankreich, Italien oder Rumänien müssen mit Ernterückgängen rechnen.

Umso irritierender ist ein Video, das diese Woche dank @leseerlaubnis in meinen Twitter-Feed gespült wurde: Es zeigt den deutschen Journalisten Hoimar von Ditfurt, wie er bereits 1978 auf Basis der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre die Erderhitzung erklärt und bis 2050 mit 2 – 3 Grad mehr rechnet. Recht viel haben wir bisher nicht getan, um diese Prognose kraft Dekarbonisierung zu widerlegen.

Wenn Sie also eine Minute zwanzig Zeit haben, dann schauen Sie sich das an.

Ihr

Franz Zeller

https://orf.at/stories/3276942/

Dürre heizt Energiekrise an

Weniger Strom

In vielen Teilen Europas sind seit dem Winter die Niederschläge ausgeblieben. Das macht auch den Wasserkraftwerken zu schaffen. In Portugal liefern sie um zwei Drittel weniger Energie als sonst üblich. Zum Ausgleich wurde mehr Erdgas in Gaskraftwerken verheizt. Ähnlich ist die Situation in Spanien und in Italien: Dort ging die Energiegewinnung aus Wasserkraft bis Ende Juni um die Hälfte zurück. In Frankreich wiederum fehlt Kühlwasser für Atomkraftwerke. Einige AKWs dürfen nun Wasser über Ausnahmegenehmigungen wärmer als sonst üblich in die Flüsse einleiten und gefährden damit das ökologische Gleichgewicht von Flora und Fauna.

Fehlender Strom: Hitze und Dürre befeuern Energiekrise – news.ORF.at

Mediterrane Bäume für die Alpen

Ökologie

Ungarische Eichen und italienische Tannen könnten in Zukunft die Fichte und andere heimische Baumarten ablösen. Die Kiefer etwa kommt mit den zunehmenden Trockenheitsphasen schlecht zurecht. Deshalb erprobt das Bundesforschungszentrum für Wald neue hitzeresistente Baumarten, u.a. aus dem Mittelmeerraum.

https://noe.orf.at/stories/3165230/

Erhitzung raubt Erdbeeren den Duft

Insekten und Ökologie

Bei einer durchschnittlichen Temperatursteigerung von 5 Grad verlieren Erdbeeren ihren Duft. Damit werden sie auch von Insekten nicht mehr gefunden und bestäubt. Das hat der brasilianische Insektenforscher Guaraci Duran Cordeiro in Kooperation mit dem Salzburger Pflanzenökologen Stefan Dötterl herausgefunden. Sie untersuchten, wie Buchweizen, Raps und Erdbeere auf Westliche Honigbiene, Dunkle Erdhummel und Rote Mauerbiene wirken, wenn die Temperaturen steigen. Am besten vertrug der Raps die Erwärmung.

https://science.orf.at/stories/3214152/

Antarktische Biomasse in Gefahr

Biodiversität

Die Erwärmung setzt auch dem antarktischen Bakterium Pseudoalteormonas haloplanktis zu. Es verträgt zwar Temperaturen zwischen minus 2,5 und 29 Grad, zeigt aber schon bei 20 Grad Zeichen von Hitzestress. Insgesamt kann es seine Überlebensgrenze nur um 1 Grad nach oben verschieben, ab 30 Grad ist Schluss.

Kälteangepasste Bakterien wie P. haloplanktis machen den größten Teil der Biomasse auf der Erde aus und stehen in der Nahrungskette ganz unten. Sterben sie aus oder reduziert sich ihr Bestand stark, leiden auch Säugetiere wie die Wale dramatisch.

https://science.orf.at/stories/3214131/

Earth Overshoot Day

Tipp

Am 28. Juli haben wir jene Ressourcen verbraucht, die der Planet in einem Jahr hergibt. Danach leben wir sozusagen auf Schulden – vor allem zu Lasten unserer Kinder. Seit 1971 errechnet das „Global Footprint Network“ den Earth Overshoot Day. Damals fiel dieser Tag noch auf den 25. Dezember. Das bedeutete, dass der Planet nur 6 Tage auf Pump lebte. Heute sind es mehr als 5 Monate.

Österreichs Overshoot Day war übrigens schon am 6. April. Die ökologische Geldbörse wäre damit, umgerechnet auf einen Monat, schon etwa am 10. leer.

Kurz gemeldet

Auf der Suche nach technischen Lösungen für die CO2-Speicherung, haben Forscher:innen ein vielversprechendes Bakterienenzym entdeckt. Es stammt aus einer Mikrobe, die 1981 in Zentralafrika gefunden wurde.

https://science.orf.at/stories/3214226/

In Australien ist die Zahl der bedrohten Arten in den letzten fünf Jahren um acht Prozent gestiegen. Von den 400 Säugetierarten des Landes leben 320 ausschließlich auf dem Kontinent, etwa Wombats oder eierlegende Schnabeltiere.

Bericht: Australiens Umwelt leidet – science.ORF.at

Der Autoverkehr von morgen

Hörtipp

Wie sich die deutsche Agentur für Erneuerbare Energien die automobile Zukunft vorstellt, hat sie kürzlich bei einer Tour durch das Ruhrgebiet gezeigt. Die Ideen reichen von der durchaus umstrittenen Beimischung von Biodiesel zu fossilen Kraftstoffen bis zu riesigen Schnellladestationen. Die DIMENSIONEN haben aufgezeichnet, was heute in Sachen Autoverkehr erprobt wird, und die Projekte von unabhängigen Expert:innen einordnen lassen.

https://oe1.orf.at/player/20220718/685641

Fleisch und Gemüse

Eine ehrliche Revision unseres Gefrierschrankinhalts hat mir gezeigt, dass ich dort einiges an Treibhausgasemissionen „gebunkert“ habe. Das kleinere Problem ist wahrscheinlich das Wildfleisch vom Schwiegervater, aber die doch bemerkenswerte Menge an Rind, Schwein und Geflügel in der Lade darunter eignet sich so gar nicht, um am Klimaheiligen-Status zu arbeiteten – auch wenn alles bio ist und ich die Landwirt:innen persönlich kenne.

Fleisch ist einfach ein Klimaproblem. Das hat mir diese Woche auch ein Glossar der APA verdeutlicht, dessen Zahlen ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

Demnach braucht 1kg Rindfleisch 15.500 Liter Wasser, und sogar das klimafreundlichere Geflügel verschlingt noch 3.600 Liter. Laut “Our World in Data” verwenden wir von den weltweit 104 Millionen Quadratkilometer bewohnbares Land circa 40 Millionen Quadratkilometer als Nutzfläche für die Fleisch- und Molkereiproduktion– eine immens große Fläche.

Eine Tonne Rindfleisch benötigt 1,6 Tonnen Soja, das wiederum zur Rodung von 6.600m2 Regenwald führt, wie der Fleischatlas der Heinrich Böll-Stiftung dokumentiert. Und beim Thema „Hunger“ muss man nicht mit dem Finger auf den Krieg in der Ukraine und die reduzierten Getreideexporte zeigen. Europa arbeitet selbst am Hunger mit: 40% unserer Getreideernte landen in Futtertrögen, statt auf den Tisch zu kommen. So konsumieren Menschen in Österreich im Schnitt fast 94kg Fleisch (etwa ein Drittel davon sind Schlachtabfälle, die nicht als Nahrung verwertet werden).

Fazit: „Die weltweite Fleischproduktion ist in Summe für mehr klimaschädliche Treibhausgase verantwortlich als der gesamte Transportsektor der Welt zusammen“, wie die APA schreibt. Konkret sind es etwa pro Kilogramm Rindfleisch rund 22kg CO2-Äquivalente, auch durch die extreme Wirkung des Methans. Deshalb würde der gegenwärtige Fleischhunger allein schon ausreichen, die Erde bis Ende des Jahrhunderts auf 2 Grad zu erhitzen, selbst wenn wir sofort alle fossilen Brennstoffe verbannen würden.

Wir werden realistischerweise nicht schlagartig ein Vegetarier-Haushalt werden. Aber bei einem Durchschnittskonsum von fast 100kg, wie oben erwähnt, ist der Spielraum für die Reduktion von Schnitzel und Co. doch beträchtlich. Wer gern kocht und Gemüse nicht nur zu Tode gart, der tut sich dabei vielleicht noch leichter.

Nur noch 700 Megatonnen

CO2-Budget bis 2040

Wenn Österreich 2040 tatsächlich klimaneutral sein will, darf es bis dahin nur mehr 700 Megatonnen CO2 ausstoßen. Darauf weisen Wissenschafter des Grazer Wegener Centers für Klima und Globalen Wandel hin. Derzeit emittiert das Land allerdings mehr als 70 Megatonnen pro Jahr. Österreich sei also auf dem falschen Klimapfad, so Stefan Schleicher und Gottfried Kirchengast.

Vor allem im Bereich Verkehr brauche es weitaus stärkere Anstrengungen. Die Autoren fordern beim Transportwesen „den steilsten Reduktionspfad bis 2030“ und „tiefgreifende Maßnahmen“. Insgesamt muss Österreich seine Emissionen um 90-95 Prozent reduzieren, um bis 2040 klimaneutral zu sein.

https://orf.at/stories/3275023/

Milliarden Subventionen für die Klimakatastrophe

Wifo-Bericht

Mit rund 5,3 Milliarden Euro jährlich fördert Österreich klimaschädliches Verhalten. Das zeigt ein „vorläufiger Endbericht“ des Wirtschaftsforschungsinstituts, den der Standard zu lesen bekam. Demnach entgehen dem Staat allein durch die Mineralölsteuerbefreiung von Kerosin rund 400 Millionen Euro. Die niedrigere Besteuerung von Diesel im Vergleich zu Benzin (Dieselprivileg) kostet 540 Millionen bis 1,1 Milliarde Euro. Durch die Pendlerpauschale, die klimaschädlichen Verkehr unterstützt, verliert Österreich 480 Millionen pro Jahr. Kontraproduktiv in Sachen Klimaschutz sind laut Wifo auch Steuerbefreiungen für Taxis, Mietwagen oder landwirtschaftliche Fahrzeuge sowie Steuererleichterungen für Heizöl. Subventionen fossiler Energieträger sind für die Autor:innen des Berichts ein “wesentliches Hindernis” bei der notwendigen energiepolitischen Transformation, wie der Standard zitiert.

Kurz gemeldet

Die Erderhitzung bringt neue Vogelarten nach Österreich. So brüten erstmal vier Kuhreiher-Paare am Unteren Inn in Oberösterreich.

https://science.orf.at/stories/3213993/

In der Antarktis hat ein Forschungsteam erstmals wieder größere Bestände der über 20 Meter langen Finnwale gesichtet. Sie galten in den 1970er-Jahren durch den Walfang als fast ausgerottet. Erst ein Jagdverbot, das mittlerweile 50 Jahre alt ist, hat eine Erholung ihrer Bestände möglich gemacht. Im Ozean vor der antarktischen Halbinsel leben nun wieder geschätzt 8.000 Finnwale. Die Tiere werden bis zu 70 Tonnen schwer.

https://science.orf.at/stories/3213969/

Servicetipps

Wie gärtnert man im Klimawandel?

Hörtipp

Mehr Dürren und Starkregen setzen auch unseren Gärten zu. Der englische Rasen hat dort für viele Gärtner:innen aus klimatischen Gründen keine große Zukunft mehr, abgesehen von seiner ökologischen Wertlosigkeit. Und in den Städten wird die Kastanie ob der zunehmenden Trockenheit aussterben.

Stattdessen plädieren Landschaftsökologen in MOMENT – NACHHALTIG LEBEN für eine Rückkehr zu naturnahen Gehölzen, etwa dem Dirndlstrauch, statt der aus China stammenden Forsythie, mit der heimische Insekten nicht umgehen können.

Ein naturnaher Garten ist robuster und ein wertvoller Beitrag zum Klimaschutz, so die Gärtner:innen.

Andererseits macht die Erderhitzung auch den Anbau von Gemüse möglich, das vor 20 Jahren hierzulande noch undenkbar war, zum Beispiel Melonen. Eine Sendung mit Tipps, wie wir unsere Gärten zukunftsfit und ökologischer gestalten können.

Extremwetterlagen im Garten, 12.07. | Ö1 | ORF-Radiothek

Raus aus der Komfortzone!

(Gemeinsam mit Juliane Nagiller)

Den Fleischkonsum um zwei Drittel senken, keine Einfamilienhäuser mehr auf der grünen Wiese bauen und ein CO2-Preis von mehr als einhundert Euro: Das sind zwar hehre klimapolitische Maßnahmen, die aber politisch nicht umsetzbar sind, denken Sie vielleicht. In gewisser Weise werden sie von den österreichischen Bürger:innen gefordert. Sie machen drei von insgesamt 93 Empfehlungen des ersten österreichischen Klimarats aus.

Sechs Monate lang haben sich einhundert zufällig ausgewählte Bürger:innen mit der Klimakrise beschäftigt. Ihr Endbericht zeigt, dass Menschen tiefgreifende Einschnitte akzeptieren, diese sogar vorschlagen und einfordern, wenn sie umfassend über die Klimaerwärmung und ihre Folgen informiert wurden. Unterstützt und beraten wurden die Bürger:innen von Wissenschaftler:innen, deren prägnante Vorträge man online nachsehen kann. Auch sie hätten viel beim und vom Klimarat gelernt, berichtet der Gletscherforscher Georg Kaser, unter anderem, wie Wissenschaft zu nachhaltigen Entscheidungen beitragen kann.

Es brauche Regeln und Rahmenbedingungen, die klimafreundliches Handeln ermöglichen, stellt der Klimarat fest. Zudem dürfe Klimaschutz weder eine individuelle Entscheidung, noch Luxus sein, weshalb die Bürger:innen bei ihren Empfehlungen auf einen Maßnahmen-Mix setzen. Sie schlagen sowohl Anreize wie klimafreundliche Infrastruktur, Schulungen oder Preissignale, als auch gesetzliche Vorgaben vor. So soll es beispielsweise mehr Bildung zu klimafreundlicher Ernährung, durchgehend breite Geh- und Radwege und eine unbürokratische Sanierungsoffensive geben, genauso wie eine verpflichtende Energieberatung für Gemeinden, ein Werbeverbot für klimaschädliche Produkte und eine Verlagerung der Raumordnungskompetenz auf Länderebene.

Es ist erstaunlich, wie schnell Menschen in einem gut aufgesetzten und begleiteten Prozess (der in dieser Form selbstverständlich auch Geld kostet) die Komplexität und Dringlichkeit der Klimakrise verstehen. Wichtig wäre nun, dass die Politik sich nicht Einzelmaßnahmen herauspickt, sondern die Arbeit der Bürger:innen wertschätzt, indem sie große Teile der Empfehlungen umsetzt. Die Bürger:innen haben ihre Komfortzone verlassen. Das sollte auch die Politik tun.

Ihre

Juliane Nagiller & Franz Zeller

PS: Die Bürger:innen des Klimarats sind übrigens wild entschlossen weiterzumachen. Sie haben einen Verein gegründet und wollen sich weiter für den Klimaschutz engagieren. Ein Umsetzungswille, den man bisweilen in der Politik vermisst.

PPS: Der Ö1 Klima-Newsletter wird im Juli und August unregelmäßig erscheinen.

Hitze vom Sonnblick bis zur Adria

Un-Wetter

Der Gipfel des 3106 Meter hohen Sonnblicks ist heuer zum ersten Mal schon Anfang Juli schneefrei. Üblicherweise lagen zu diesem Zeitpunkt noch etwa zweieinhalb Meter Schnee am Observatorium. Seit dem Messbeginn 1938 aperte der Sonnblick nie so früh aus.

Am Neusiedlersee kommt das Schneewasser vom Sonnblick jedenfalls nicht an. Dort liegt der Wasserstand nur mehr vier Zentimeter über dem historischen Tiefstand von 2003.

Und wie unser Kollege Daniel Schrott vom ORF-Wetter diese Woche auf Twitter gezeigt hat, ist auch Europas Badewanne, das Mittelmeer, bereits 4 Grad wärmer als sonst üblich. Dadurch verliert die kühlende Brise ihre Wirkung – ein Vorgeschmack auf die nächsten Dekaden, in denen uns die Lust auf einen Adria-Urlaub möglicherweise vergeht.

Aber auch für heuer sind noch höhere Temperaturen zu befürchten. „Das ganze System schaukelt sich auf. Die nächste Hitzewelle wird umso ärger ausfallen, weil ja nun auch schon das Meer so warm ist“, meint Meteorologe Schrott.

Je heißer das Mittelmeer, umso größer ist im Herbst übrigens die Wahrscheinlichkeit von Stürmen (Medicanes).

Hitzewellen über Europa haben drei- bis viermal schneller zugenommen als in den übrigen mittleren Breitengraden auf der Nordhalbkugel, etwa in den USA oder Kanada. Das belegt eine Studie des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung PIK.

Rein technisch ist eine Veränderung des Jetstreams daran schuld. Immer häufiger kommt es zu „Doppel-Jets“, die viel länger andauern als früher. Dabei teilt sich der von Westen nach Osten fließende Jetstream in zwei Zweige – einen über Nord- und einen über Südeurasien. Die anhaltenden Doppel-Jets verstärken auch die Hitzewellen über Europa. “Unsere Studie zeigt, dass die zunehmende Verweildauer von Doppeljets etwa 30 Prozent der Hitzewellentrends für ganz Europa erklärt. Wenn wir jedoch nur die kleinere westeuropäische Region betrachten, erklärt sie fast 100 Prozent”, sagt Mitautor Efi Rousi.

Normalerweise kühlt das Wetter vom Atlantik den Kontinent ab. „Wenn es aber zum Doppeljet kommt, werden die Wettersysteme nach Norden abgelenkt und es können sich über Westeuropa anhaltende Hitzewellen entwickeln”, so Rousi. In anderen europäischen Regionen wie dem Mittelmeerraum und Osteuropa hängen Hitzewellen eher mit trockenen Böden zusammen.

„Grüne“ Atomkraft

Umstrittene Taxonomie

Gas und Atomkraft gelten als „grüne“ Energieformen – zumindest wenn es nach der europäischen Kommission geht. Das EU-Parlament hat den Vorschlag am Mittwoch bestätigt, Investitionen in Atomkraft und Gas werden damit als klimafreundlich eingestuft.

Die in Österreich zuständige Ministerin Leonore Gewessler hat bereits eine Klage gegen die Entscheidung angekündigt, weil sie dem „Green Deal“ nicht gerecht werde und verantwortungslos sei, und auch Greenpeace will dagegen klagen. 

https://orf.at/stories/3274762/

Auf dem Niveau von 1990

CO2-Ausstoß

Die Treibhausgasemissionen sind nach dem Ausreißer-Jahr 2020 im vergangenen Jahr erneut um 6,5% gestiegen. Das zeigen die aktuellen Berechnungen des Wegener Centers für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz. Österreichs Ausstoß befindet sich nun wieder auf dem Niveau des Jahres 1990. Eigentlich sollte Österreich seinen CO2-Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent und bis 2030 um 55 Prozent senken.

Das verbleibende Treibhausgasbudget, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, könnte bereits in den 2030er Jahren aufgebraucht sein.

Österreichs CO2-Ausstoß im Vorjahr stark gestiegen – steiermark.ORF.at

Kurz gemeldet

Auch die Tiefen des Nordostatlantiks sind mit Mikroplastik verschmutzt. 2.000 Meter unter dem Meeresspiegel zwischen den Azoren und Madeira fanden Forscher:innen vor allem Polyethylen PET und PVC.

Mehr als 120 Wissenschafter:innen erstellen in den kommenden drei Jahren einen Klimabericht für Österreich. Das Papier soll sich an den Sachstandsberichten des Weltklimarates orientieren, aber Empfehlungen auf regionaler Ebene liefern, um den Weg zur Klimaneutralität wissenschaftlich zu untermauern.

Servicetipps

Klimafreundliche Ausflüge

Wer zur nächsten Wanderung öffentlich anreisen möchte, findet Routenvorschläge auf der Plattform Zuugle. Auch bei den Naturfreunden und beim Alpenverein bekommt man Tipps für klimafreundliche Ausflüge.

Reparaturbonus

Nur zur Erinnerung: Wer repariert, vermeidet Müll und Emissionen. Um Geräten ein längeres „Leben“ zu geben, fördert das Klimaschutzministerium Reparaturen über den Reparaturbonus. Er ersetzt 50% der Kosten bis zu einer Höhe von 200 Euro. Die Konsument:innen zahlen damit nur mehr die Hälfte der Rechnung an die Reparaturbetriebe.

Post sucht Ideen für nachhaltige Mehrwegverpackungen

Kartons, die nach einmaliger Verwendung im Abfall landen, sind Ressourcenverschwendung. Im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sucht die Post jetzt nach Ideen für Mehrwegverpackungen. Unter Re:Postboxing können Interessierte ihre Vorschläge zur Reduktion von Einwegverpackungen einreichen.

Erneuerbare ausbauen, Vorbehalte abbauen – aber wie?

Hörtipp

Dass die fossile Ära, durchaus mit Schrecken, zu Ende geht, scheint vielen klar zu sein. Wir brauchen erneuerbare Energien. Aber wenn es darum geht, ein Windrad in die Landschaft zu stellen, dann werden auch SUV-Fahrer:innen plötzlich zu heftigen Naturschützern, obwohl ein Kilometer Autobahn einen weitaus größeren Hässlichkeitsfaktor hat. Wie die Bevölkerung für ein neues Energiezeitalter gewonnen werden kann, dazu fand in Wien kürzlich ein Expert:innengespräch statt. Das JOURNAL PANORAMA hat die verschiedenen Ideen hörenswert zusammengefasst.

https://oe1.orf.at/player/20220704/684921

Gas und Kohle/ Teufel und Beelzebub

Es war mir bis vor kurzem nicht bewusst: Erdgas gilt als Brückentechnologie, weil es angeblich nur halb so klimaschädlich ist wie Kohle. Diese Rechnung geht aber völlig an der Nutzungsrealität vorbei.

Tatsächlich entsteht bei der Verbrennung von Erdgas im Vergleich zur Kohle nur halb so viel CO2. Die Bilanz ist aber eine mathematische Schönung. Rechnet man die Klimawirkung aus Erdgas von der Erzeugung über den Transport bis zur Verbrennung, hat es keinerlei ökologische Vorteile mehr gegenüber der Kohle.

Erdgas ist im wesentlichen Methan – ein Treibhausgas, das je nach betrachtetem Wirkungszeitraum 25 – 80mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Jedes Methan-Molekül in der Luft erhitzt die Atmosphäre weiter. Laut Christoph Dolna-Gruber von der Österreichischen Energieagentur entweichen weltweit etwa 4 Prozent des Erdgases schon vor der Verbrennung durch Lecks in den Leitungen und Speichern. Am stärksten tragen die USA und Russland zu diesen Methanemissionen bei. Der Bremer Umweltphysiker John Burrows kommt zum Schluss, dass „eine Leckage von ungefähr zwei bis drei Prozent Erdgas ausreicht, um jeglichen Vorteil der Verbrennung von Erdgas zu beseitigen.“

Kohle und Erdgas können also beide nicht in die Energiezukunft führen.

Überzogene Hoffnung stecken viele momentan auch in E-Fuels – das sind synthetisch mit erneuerbaren Energien erzeugte Kraftstoffe, die Diesel und Benzin ersetzen sollen. Die Automobilindustrie hofft, mit den E-Fuels ihre Verbrennungsmotoren mit Adaptierungen länger einsetzen zu können.

In der jetzigen technischen Realität sind E-Fuels aber weitaus ineffizienter als etwa ein Auto mit Elektroantrieb. Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung hat schon 2021 errechnet, dass Motoren mit E-Fuels im Vergleich zu reinen Elektromobilen fünfmal so viel Energie verbrauchen. Sie werden zwar mit Hilfe von erneuerbarem Strom hergestellt, in der Breite sinnvoll macht sie das aber noch lange nicht, auch wenn sie klimaneutral erzeugt werden. Durch den hohen Energiebedarf sind die synthetischen Kraftstoffe zudem sehr teuer.

Eventuell werden sie in Mobilitätssparten ihren Nutzen finden, wo sich keine elektrischen Antriebe einsetzen lassen, wie in Flugzeugen. Trotzdem will sich die EU die E-Fuel-Hintertür auch in der Automobilbranche offenhalten. Warum, das lesen Sie im ersten Beitrag des Newsletters.

Emissionsfreie Neuwagen ab 2035

EU

Während das EU-Parlament einen kompletten Verzicht auf Verbrennungsmotoren ab 2035 fordert, wollen die Länder emissionsfreie Verbrenner weiterhin ermöglichen. Auf Druck Deutschlands können mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Autos auch nach 2035 zugelassen werden.

Umweltschutzorganisationen kritisieren den Kompromiss im Rat der Umweltschutzminister:innen als „verwässerten Verbrennerausstieg“. Antje von Broock, die Geschäftsführerin des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) nennt das Bekenntnis zu E-Fuels „eine Scheinlösung, sie sind ineffizient, nicht automatisch klimaneutral und werden auf absehbare Zeit teuer sowie begrenzt verfügbar bleiben.“ 

Auch die scientists4future sprechen sich aufgrund der schlechten Effizienz der E-Fuels gegen den Kompromiss aus, der noch einmal mit dem Parlament abgestimmt werden muss. „Es ist praktisch ausgeschlossen, dass bis 2035 genügend Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht, um einen nennenswerten Anteil des Verkehrs mit sauber erzeugten E-Fuels zu betreiben. E-Fuels für PKW und leichte Transporter zu propagieren ist nichts anderes als ein Versuch, die Energie- und Verkehrswende zu verzögern“, so scientists4future in einer Aussendung.

EU-Länder einig: Neuwagen ab 2035 nur noch emissionsfrei – news.ORF.at

E-Fuels: Verbrenner-Aus mit „Aber“ – news.ORF.at

Stellungnahme-synthetische-Kraftstoffe-Layout.pdf (scientists4future.org)

UNO-Ozeankonferenz

Artenschutz

Die Vereinten Nationen haben eine Milliarde US-Dollar Hilfe für 100 Küsten- und Inselstaaten angekündigt, die unter der Verschmutzung, der Überfischung und der Erwärmung der Weltmeere leiden. Die kleinen Staaten erleiden durch die rücksichtslose Nutzung der Meere jährlich einen geschätzten Schaden von einer Billion Dollar. Das wurde am Dienstag auf der UN-Ozeankonferenz in Lissabon bekannt. Sie findet mit zweijähriger Verspätung in Portugal statt.

Seit den 1990er-Jahren hat der Fischfang um 60 Prozent zugenommen. Laut Welternährungsorganisation FAO waren 2019 bereits 35,4 Prozent aller Bestände überfischt.

Die Weltmeere beherbergen rund 80 Prozent des Lebens auf dieser Erde. UNO-Generalsekretär António Guterres forderte u.a. drastische Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmutzung mit Plastik und anderem Müll.

Weltmeere: UNO-Ozeankonferenz startet mit eindringlichen Forderungen – science.ORF.at

Kurz gemeldet

Die Bioethikkommission hat unter dem Titel „Die Klimakrise als ethische Herausforderung“ Empfehlungen zum politischen Umgang mit der Erderhitzung erarbeitet. Sie widmet sich im Papier auch den neuen Strategien der Klimakatastrophen-Leugner und konstatiert: „Da sich die Auswirkungen des Klimawandels auf Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Waldbrände, Überschwemmungen und Wirbelstürme nicht mehr herunterspielen lassen, hat sich die Taktik von ursprünglicher Leugnung hin zu Verzögerung und Ablenkung verlagert.“

Die Erderhitzung wirkt sich nicht auf alle Extremwetterereignisse gleich aus. Am stärksten beeinflusst sie Hitzewellen, wie eben in Italien. Das belegt eine Studie der Victoria University of Wellington.

Um die weltweite Abholzung zu vermeiden, haben sich die 27 EU-Umweltminister:innen auf eine Richtlinie zu „entwaldungsfreien Produkten“ geeinigt. Davon betroffen sind etwa Palmöl, Holz, Kaffee, Kakao und Soja, sowie Rindfleisch, Leder, Schokolade und Möbel, für die keine Wälder mehr gerodet werden dürfen. Verantwortlich für die Lieferkette und die „verbindlichen Sorgfaltspflichten“ sind die importierenden Unternehmen.

Hörtipp

Ob man einen überschwemmten Garten nun auf die Klimakatastrophe mit ihren vermehrten Extremwetterereignissen zurückführt oder nicht: In MOMENT erzählen unterschiedlichste Menschen, wie sie mit der Verwüstung ihrer Gärten umgehen – von besseren Simulationen der möglichen Überschwemmung bis hin zum Bau einer kleinen Staumauer, um das private Paradies zu retten.

https://oe1.orf.at/player/20220627/682804

Klagen und Kompromisse

Fünf junge Menschen zwischen 17 und 31 haben am Dienstag eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebracht. Sie klagen gegen den Energiecharta-Vertrag ECT bzw. gegen Regierungen, die weiterhin am ECT festhalten. Dieses umstrittene Gesetzespaket aus dem Jahr 1994 gibt Energiefirmen die Möglichkeiten, Staaten zu milliardenschweren Zahlungen zu zwingen, wenn diese ihre Energiepolitik ändern. Ein Ausstieg aus fossilen Energien wird damit doppelt kostspielig bzw. gebremst.

So haben etwa RWE und Uniper die Niederlande wegen seines Kohleausstiegs auf Milliarden geklagt. Umwelt-NGOs bezeichnen den Energiecharta-Vertrag als „Anti-Klimaabkommen“.

Insgesamt 12 Regierungen stehen jetzt vor dem EMRG in Straßburg, darunter auch Österreich.

“Mit dem Energiecharta-Vertrag ermöglichen die beklagten Regierungen ihren Unternehmen, legitime Klimaschutzmaßnahmen anderer Staaten anzufechten. Dies ist unvereinbar mit internationalen Klimaverpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens und verstößt gegen die Verpflichtungen der Europäischen Menschenrechtskonvention”, wie die Pariser Anwältin Clémentine Baldon argumentiert. Sie vertritt die Kläger:innen. Im Detail argumentieren die fünf jungen Leute, dass eine Mitgliedschaft beim ECT u.a. das Recht auf Leben nach Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletze. Die 17jährige Julia etwa verlor bei den großräumigen Überflutungen in Deutschland und Belgien im Jahr 2021 ihr Elternhaus.

In der Kritik steht der Energiecharta-Vertrag seit langem. Laut Guardian könnte der ECT betroffene Staaten bis 2050 insgesamt 1.3 Billionen Euro kosten, wenn sie aus Kohle, Gas und Öl aussteigen. Auch der jüngste IPCC-Report warnte, dass ein Vertragswerk wie die Energiecharta die Klimaziele konterkarieren würde.

Deshalb versuchten die 53 Vertrags-Staaten das Papier Ende Mai zu reformieren und an das Pariser Klimaabkommen anzupassen. Wie erwartet, scheiterte das Vorhaben. Eine Änderung ist nur möglich, wenn alle Mitglieds-Länder zustimmen.

Obwohl der EuGH bereits 2021 die Energiecharta für Streitigkeiten zwischen EU-Ländern als ungeeignet erklärte, werden viele der 55 anhängigen Verfahren weitergeführt – sie liegen bei Schiedsgerichten, die nicht bereit sind, sich der Rechtsprechung des EuGH zu unterwerfen, wie das Umweltinstitut München schreibt.

Auch ein rechtliches Kurzgutachten der Arbeiterkammer kommt zum Schluss, dass der ECT „den Erfordernissen des dynamischen Energiesektors nicht gerecht“ wird und legt insgesamt einen Austritt aus dem ECT nahe.

Die EU plädiert derweil für einen langsamen Ausstieg aus dem Investorenschutz bis 2040. Das ist auch angesichts dessen zu zögerlich, als das ECT in krassem Widerspruch zu den EU-Klimaschutzzielen steht. Immerhin fünf Länder – Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Polen und Spanien haben die EU-Kommission jetzt aufgefordert, Vorschläge vorzulegen, wie man den ECT früher aufkündigen könnte.

Positiveres aus Brüssel lesen Sie im ersten Beitrag dieses Newsletters.

Klima-Kompromiss

EU-Parlament

Nachdem es vor zwei Wochen noch abgelehnt worden war, hat sich das EU-Parlament diese Woche auf ein Klimapaket geeinigt. Es sieht vor, auch Gebäude und Verkehr in den Emissionshandel einzubeziehen. Der CO2-Ausstoß bekommt damit in diesen Sektoren einen Preis, ähnlich wie jetzt schon in der Industrie üblich.

Die kostenlose Vergabe von Zertifikaten für CO2-Emissionen soll ab 2027 graduell auslaufen und ab 2032 ganz eingestellt werden. Geplant ist auch eine Art CO2-Zoll für sehr emissionsintensive Importe wie Stahl oder Zement. Dies schützt zum Beispiel heimische Produkte, die klimafreundlicher erzeugt werden. Geplant ist die Abgabe ab 2026.

Zudem soll ein CO2-Sozialfonds geschaffen werden, da Klimaschutz zum Teil auch zu höheren Kosten führt, die Bezieher:innen niedriger Einkommen stärker treffen als finanzstarke.

Der Kompromiss ist Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“. Es hat zum Ziel, die EU-weiten Emissionen bis 2030, bezogen auf das Jahr 1990, um 55 Prozent zu senken. Noch ist der Plan aber nicht beschlossen, da neben dem Parlament auch die EU-Staaten den Pakt mittragen müssen.

Im zweiten Anlauf: EU-Parlament einigt sich auf Klimapaket – news.ORF.at

Die Zukunft ertrinkt in Plastik

OECD-Prognose

Bis 2060 wird sich unser Plastikverbrauch verdreifachen, schreibt die OECD in ihrem neuesten Report „Global Plastics Outlook“. Während die Industrieländer ihre Plastikmengen verdoppeln, steigt der Konsum in aufstrebenden Ländern in Sub-Sahara-Afrika und Asien noch weitaus stärker an.

Derzeit wird ungefähr die Hälfte des Plastikmülls deponiert, weniger als ein Fünftel recycliert, der Rest landet noch immer in der Umwelt.

Wenn es zu keiner Änderung im Umgang mit Plastik kommt, befürchtet die OECD eine Plastikflut auf dem Planeten:

  • Der unkontrolliert entsorgte Plastikmüll verdoppelt sich bis 2060 auf 44 Millionen Tonnen pro Jahr.
  • Schon derzeit treiben 140 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Meeren und Flüssen. Diese Menge wird bis 2060 auf 493 Megatonnen steigen.
  • Der Treibhausgasausstoß über den Lebenszyklus von Plastik verdoppelt sich bis 2060 auf 4.3 Gigatonnen pro Jahr.

Die OECD plädiert deshalb für eine Reduktion des Plastikverbrauchs und mehr Kreislaufwirtschaft. Dazu gehören auch haltbarere Produkte als bisher. Die könnten durch politische Maßnahmen wie eine Plastiksteuer gefördert werden, so die OECD im Bericht. Um die Umwelt zu entlasten, müsse man auch weitaus mehr Plastik sammeln und recyclieren.

https://www.oecd-ilibrary.org/environment/global-plastics-outlook_de747aef-en

Wort der Woche

SDG-washing

2015 beschlossen die Vereinten Nationen die Nachhaltigkeitsziele (SDGs). Bis 2030 sollten auf Basis von 17 Punkten wie „Abschaffung der Armut“ oder „Nachhaltiger Konsum“ Frieden und Wohlstand auf dem und mit dem Planeten gesichert werden. Passiert ist allerdings fast nichts. Das zeigt eine Studie der Universität Utrecht. Zwar würden sich sowohl Politik als auch viele Unternehmen zu den Zielen bekennen, aber kaum etwas umsetzen. „Die SDGs scheinen öffentliche Budgets und finanzielle Zuteilungsmechanismen in keiner wichtigen Weise verändert zu haben“, wie das Team um den Nachhaltigkeitsforscher Frank Biermann schreibt. Im Gegenteil würden politische und wirtschaftliche Eliten das SDG-Vokabular verwenden, um ihrer nicht-inklusiven Politik Legitimität zu verschaffen, also eine Art von „SDG-washing“ betreiben.

https://science.orf.at/stories/3213724/

Kurz gemeldet

Forscher:innen fordern einen „grünen Marshallplan“, um die Naturzerstörung zu stoppen. Aktuell gelten 22.000 Tier- und Pflanzenarten als gefährdet. Artenschutz ist auch Klimaschutz. Wie Expert:innen immer wieder betonen, müssten bis 2030 insgesamt 30 Prozent der weltweiten Landes- und Meeresfläche unter Schutz gestellt werden.

Im Herbst wird in Montreal die weltweite Biodiversitätspolitik bis 2050 beschlossen.

https://science.orf.at/stories/3213720/

Ohne Klimaschutz wird sich die Schneedecke in den Alpen bis Ende des Jahrhunderts halbieren. Am meisten wären die Südwestalpen davon betroffen. Bei einer schnellen Emissionsreduktion beschränkt sich der Schneeverlust auf 20%.

EGU – News & press – Snow cover in the Alps will halve without climate action – emissions cuts can save 80% of snow days

Auf schmalem Grat

Hörtipp

Die Alpen haben sich seit Beginn der Industrialisierung um 2 Grad erwärmt, und damit weit über dem globalen Durchschnitt. Die Winter werden kürzer und trockener, die Vegetationsperiode beginnt früher. Die mit der Klimaerhitzung verbundenen Starkregen wiederum lösen vermehrt Steinschläge aus. Sie werden zu 80% durch Wasser verursacht.

Wie der Klimawandel das Leben in den Alpen verändert, zeigen die DIMENSIONEN im Teil 2 der Reihe an der Jahreszeit Sommer.

https://oe1.orf.at/player/20220622/682576